Lemmy hieß eigentlich ….

...Wilhelm, als er vor siebzig Jahren geboren wurde. Aber nur seine Mutter und seine Frau nannten ihn so. Seine Schulzeit ist mir nicht überliefert, aber sie dauerte nur sehr kurz, denn früh ging er als Schiffskoch zur Marine und spätestens dort wurde er zu Lemmy. Fast fünfzig Jahre fuhr er zur See, kochte, trank und raufte. Besonders die Raufereien hatten es ihm angetan, denn mit den Fäusten war er einfach besser als mit den Worten. Andererseits fand er immer die richtigen Worte, um jemanden zur Weißglut zu bringen, oder bis ins innere Mark zu treffen.
Besonders stolz ist er auf seine Nacht in einem algerischen Gefängnis. Der Mann hinter dem Tresen einer algerischen Bar reichte ihm den Cognac mit einem Toast auf Nazi-Deutschland rüber, worauf hin Lemmy ihn einen Arxxfixxer nannte und schon war eine echte Wirtshausschlägerei im Gange, in deren Verlauf er festgenommen und eingebuchtet wurde. Irgendwie hat ihn der Kapitän seines Schiffes da rausgeboxt und irgendwie ist er heute noch stolz auf diese Geschichte. Stolz ist er auch auf seine Tochter und seinen Sohn, die zunächst drei Jahre schwiegen, als er im Alter von 66 geschieden wurde, nun aber gerne wieder mit ihren Vater sprechen. Die Dialoge sind kurz aber liebevoll.
„moin Vadder“
„moin min Jung“
„alles klar?“
„ja…. muss jetzt die Hühner füttern“
„jooo denn man tau“
Lemmy hatte nicht in jedem Hafen eine Braut, aber in jedem Hafen eine Bar. An Land bewohnte er einen alten Leuchtturm mit seiner Frau Margot, den beiden Kindern, ziemlich vielen Galloway-Rindern und sehr vielen Hühnern. Margot war sauer, dass Lemmy meistens auf See war und wenn er an Land war, war sie erst recht sauer. Sie schimpfte über ihre Einsamkeit, über die Arbeit mit den Viechern und den Kindern – die alle Namen hatten: Kinder und Viecher. Lemmy trank sich ruhig und schlief gelegentlich im Hühnerstall. Dann schimpfte Margot erst recht. Lemmy verzog sich in die Inselkneipen und als er eines Nachts betrunken vom Rad fiel und sich die Hüfte brach, musste er in Rente gehen.
Margot wollte es ihm schön machen, in seinem ersten Winter an Land und besorgte einen großen Weihnachtsbaum, rote Kugeln, buck Printen und Kröpel und schenkte ihm Pantoffeln. Irgendwie muss das zu viel für Lemmy gewesen sein, denn in der Nacht zum zweiten Weihnachtsfeiertag betrank er sich und wurde ausfallend. Ein Wort führte zu einem Gegenwort, ein Gegenwort zu einer Ohrfeige (für Lemmy) und er steckte den Weihnachtsbaum zunächst in Brand, um ihn sodann aus dem Fenster des Leuchtturms zu werfen. Der Baum verglühte ruhig im Schnee und dennoch hatten die Nachbarn es sich nicht nehmen lassen, einen ganzen Löschzug der Feuerwehr antreten zu lassen. Dies kostete ihn den Leuchtturm, die Rinder und seine Ehe mit Margot. Um die verkauften Rinder trauert er noch.

Lemmy bezog ein Gartenhäuschen, das ein verarmter Versicherungsvertreter unbedingt vermieten wollte und er handelte die Gartennutzung heraus, damit er wieder Hühner halten und einen Räucherofen bauen konnte. Gelegentlich trank er mit dem verarmten Vermieter, was wiederum dessen Frau aufbrachte, aber die hat Lemmy im Griff. Denn Lemmy räuchert sich von der Zunge direkt zum Herz (oder noch weiter runter). Er ist der Geheimtipp der Insel was das Räuchern von Aal, Lachs und Schweinefleisch angeht. Alle kaufen sie bei ihm, vorausgesetzt, sie sind höflich und bitten und zahlen gut. Meist sitzt er mittags mit Jens dem blauäugigen Fischer zusammen. Schweigend trinken sie ein Bier oder eine Limonade und starren Löcher in die Luft. Gelegentlich wirft Lemmy seinen Hühnern, die nicht wirklich alt werden dürfen, ein bisschen Gemüse oder Brot ins Gehege. Dann geht er zum Räucherofen und stochert ein bisschen in der Asche herum. Abends, wenn ihm danach ist, geht er in die Touristenkneipen und reist alleinstehende ältere Damen auf. Die freuen sich über seinen Charme (ja wirklich, den hat er – wenn er will) und seine blitzenden Augen. Und Lemmy freut sich über seinen Erfolg, vorausgesetzt sie heißen nicht Margot.
la-mamma - 19. Feb, 10:17

margot ist ja auch kein so toller name;-)

rosmarin - 20. Feb, 19:18

schtümmt
katiza - 19. Feb, 13:30

In jedem Hafen....so schöne Seemannsleidgeschichte, liebe Frau Meertau...

rosmarin - 20. Feb, 19:19

sooo schöne müsiquen frau katiza :-)
montez - 20. Feb, 17:35

Und der Leuchtturm ist abgebrannt? Das finde ich fast genauso schlimm, wie das mit den Kühen …

rosmarin - 20. Feb, 19:20

nein nein nein nein nein.... oh weh.... das muss ich besser schreiben oben.
abgebrannt ist nur der weihnachtsbaum.
danach flog lemmy aus dem leuchtturm raus und musste die gattin ziehen lassen und die rinder verkaufen.
den leuchtturm kann man übrigens jetzt kaufen (lemmy hatte ihn nur gemietet)
montez - 20. Feb, 19:44

Da bin ich beruhigt.
So ein Leuchtturm könnte mir schon gefallen!
rosmarin - 20. Feb, 19:47

mir täte der leuchtturm auch gefallen... er hat ein rießen gelände drumherum .... ich könnte ihnen den link schicken (oder selbst lotto spielen... wegen dem zuschuss)
montez - 20. Feb, 20:32

Au ja, schicken Sie! Wer weiss, wofür es gut ist.
rosmarin - 20. Feb, 20:56

hab es ihnen geschickt :-)...
sollten sie es erwerben, denken sie bitte daran, dass dies ein perfektes - meist rehfreies - freilaufgelände für herrn trotzki und das krokodilfräulein wäre :-)
testsiegerin - 28. Feb, 13:22

Frau Rosmarin, Sie sind jetzt berühmt. Gestern im Salon wurde Ihre Geschichte nämlich vorgelesen.Wunderbar vorgelesen. Und die Salongäste haben sie geliebt!

rosmarin - 1. Mär, 13:13

wow.... sie machen mich grad richtig stolz :-)

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