Kein da-Sein mehr....

Eisige Kälte hat mich überfallen beim Abhören meiner Mailbox, auf der ich das gefasste Stimmchen Deines Sohnes hörte.
Gezittert habe ich über viele Stunden und bei der Rückkehr vom Kundendinner bin ich an Deinem Stammcafé vorbeigefahren, wo du die Künstler, die Gattinnen, die Politbonzen und die Bettler mit Deinem unbändigen Humor, Deiner grandiosen Frechheit und Deinem losen Mundwerk, Deinen Provokationen und Feststellungen amüsiert, verärgert und belebt hast. Gut 40 Jahre lang.
Eigentlich wollten wir einen Café trinken diese Woche und ich Dir die Ohren lang ziehen wegen der Sache mit den Druckereierzeugnissen.
Wie kannst Du Dich da einfach so vom Acker machen?
Und keiner weiß, in welchem Kühlhaus Du jetzt liegst, und wo überhaupt und wann, wie und wieso Du gestern Dein Da-Sein aufgegeben hast.
Mein Verstand verweigert den Dienst, mein Herz ist taub und das Zittern hat sich gelegt. Ich weiß nur, dass Du an dieser Stelle, die Du niemals mehr lesen wirst, Pathos verspotten würdest.
Ich höre Dein kehliges Lachen, wenn Du jetzt meinen Gedanken lesen könntest, der damit spielt, Dein Handy anzurufen, um noch einmal Deine Stimme zu hören.
Und wie lange eigentlich bleibt wohl die Seele bei dem Körper?
Ich hoffe, dass Deine bereits ein Stückchen weiter weg ist….
Wegen dem Kühlhaus. Vielleicht schaut sie sich noch einmal Südfrankreich und das Burgund an, wo wir zwei Jahre gelebt haben. Vielleicht sitzt sie neben Deinem Sohn und murmelt Tröstungen, vielleicht schwebt sie hier herum und verlacht mich – wie meist in unseren gemeinsamen fünf Jahren.
Vermutlich aber – so hoffe ich – sitzt sie vergnügt und erleichtert neben einer schicken Frau irgendwo da, zwischen Himmel und Hölle.
So wie ich Dich kenne, wirst Du ein Ticket für beide Welten gezogen haben. Im Himmel wirst Du Deinen maltraitierten und kranken Körper kurieren, die Müdigkeit und Dich von der Anstrengung der letzten Jahre erholen. In der Hölle wirst Du natürlich nicht schmoren, sondern Dich an wilden Weibern wärmen, dir den Wanst vollschlagen und Deinen Stierzüchterhut mit Stolz tragen.
Ich habe noch ein Plakat aus der Camargue im Flur, das hast Du mir einmal geschenkt, da waren wir bereits auseinander. Ich wünsche Dir ein Wohnmobil dort oder noch besser ein großes Schiff, so wie damals die „Joplin“ auf der wir lebten, liebten und stritten. Ich habe so manche Feder bei Dir gelassen und doch auch vieles gelernt.
Und du warst „muy flamenco“…. Konntest herzhaft lachen, bevor Du oder Deine Welt in Pathos, Melancholie oder Schwärze versanken. Deine Respektlosigkeit vor Selbstmitleid und sogenanntem großen Gefühl war mir eine große Lehre. Deine schlagfertigen Frechheiten gegenüber bornierten Spießbürgern werden mir bleiben und vor allem das Erkennen, das jene Dich genau dafür mochten. Und ich auch…
Ich geh mich jetzt in Tränen auflösen, weil mein Herz schon verstanden hat, wofür der Verstand in all seiner Großartigkeit zu blöd ist.
Ich hoffe Janis, die Frau, die Du am meisten geliebt hast, neben mir, Hannah, Ella, Dora, Gabrielle und denen, deren Namen Du vergessen hattest…. teilt nun mit Dir Wolke oder Sand und hält Dich im Arm, weil Dir der Abschied vermutlich auch schwer fällt…..

wasserfrau - 12. Jan, 00:45

nein! in gedanken bin ich bei ihnen, auch, wenn das vielleicht nicht geht, aber so gut es geht.

Bedenkt: den eigenen Tod, den stirbt man nur,
Doch mit dem Tod der andern muß man leben.
(Mascha Kaleko)

Lassen Sie die Tränen laufen, das muss sein.

Liebe Grüße

Rotfuchs - 12. Jan, 07:10

Zigeunerin

Hey rosmarin kann es sein, dass es sich hier um RPK handelt.
ich stehe etwas neben mir und kann und will es nicht glauben.

Bermejo - 12. Jan, 07:54

mein mitgefühl sei dir gewiss

des - 12. Jan, 07:57

Abschied

Ich reime mir zusammen und bin traurig.
Es tut mir sehr, sehr leid. Ich denke an dich und alle, die ihm nah waren.
LG,
D.

datja - 12. Jan, 09:25

datja

.....
.....
.....
Ich möchte gehen, niemals stehenbleiben. Nur so scheint das Leben mir möglich. Ich liebte den Einklang unserer Schritte - er war die schönste aller Wirklichkeiten.Wohin wende ich mich heute, denn gehen heißt nicht nur, einen Fuß vor den anderen setzen. Wo liegt mein Ziel? Ich gehorche den Befehlen der Notwendigkeit: Leben und anderen zu leben ermöglichen. Das ist fast leicht, und nur so, indem ich die Dinge auf das Elementare zurückführe, kann ich vollbringen, was zu tun ist.
.....
.....
.....
(Anne Philipe, Nur einen Seufzer lang)

Luiling - 12. Jan, 09:50

"... der Reisende steht im Zauber eines neuen Anfangs. Er stärkt sich an guten Gedanken und Gebeten derer, die noch in der Zeit glauben, ihre Heimat zu haben ..."

In diesem Sinne, liebe Frau Rosmarin, haben Sie mein volles Mitgefühl.

Frieda

b.k. - 12. Jan, 13:34

liebe frau rosmarin

mir fehlt das wissen
und mir fehlen die worte


ich habe diese siguiriya ausgewählt





feinstrick - 12. Jan, 17:13

Liebste Rosmarin, ich bin ganz bestürzt. Immer noch sehe ich euch beide ganz fröhlich bei meiner Lesung sitzen, als sei das erst vor wenigen Wochen gewesen und nicht schon Jahre her. Ich habe nur diese eine Erinnerung und bin doch sehr bewegt. Wie muss es dir erst gehen, mit einer Million und mehr Erinnerungen?

Ich bin mir aber sicher, er liest auch weiter in diesem Blog. Und gleichzeitig genießt er die französische Sonne und sitzt wie immer in seinem Café und seinem Wohnmobil. Seine Seele flattert sicher hier und da umher, frei, unbändig, ungestüm - so wie es sein Geist wohl auch immer war. So jemand lässt sich nicht einsperren, schon gar nicht in ein olles Kühlhaus.

Ich drück dich ganz feste!!!

sandhexe - 12. Jan, 22:23

ich drück dich mal

baldrian goodnight - 13. Jan, 00:47

Tut mir leid das zu lesen... Mein Mitgefühl, Frau Rosmarin... herzlich

cwnation - 13. Jan, 03:59

ich bin auch total fix und fertig...

...ich kann es nicht glauben obwol ich es irgendwie im gefuehl hatte. meine zeit mit reiner war die beste kindheit die man sich forstellen kann. er ist der grund von meiner fasination von kunst, technick und bullis...er ist inspiration von meiner klugscheisserei und die abneigung von authoritaete...meine geschicklichkeit mit werzeugen and bau material kann ich nur ihn zu verdanken. seine abenteuerliche seele is bewundernswert... hir und da mal was mitgehen zu lassen ist auch OK...ich werde ihn sehr vermissen und denke oft an ihn...ich bedauere nur das ich vor ein paar wochen in deutschland war und wir hatten nicht die moeglichkeit gefunden uns zu treffen. zeit mit rainer zu verbringen war immer toll...es schmertz mir so diese saetze zu schreiben. ich werde seine errinerunge ehren...

Sternenstaub - 13. Jan, 05:17

sitze um diese Un-Zeit Uhrzeit vorm Computer und weine mit dir .....

mehr gibts nicht zu sagen in so einer Situation - sternenstaubigen Gruß und ich drück dich einfach

cwnation - 13. Jan, 13:23

eine stunde RPK vlog


rosmarin - 15. Jan, 18:51

mensch.... hast du die alle zusammengeschnitten, bzw. aneinandergehängt??? wow.
habs mir gerade angesehen... sehr eigenartig.... fast so, als könnte er auch gleich hupend hier vorbei fahren.
cwnation - 16. Jan, 20:46

ja, ich habe die einfach mit einem bildschirm-recorder nacheinander aufgenommen...orginal videos sind auf http://www.vimeo.com/user891353 zu sehen
Aurisa - 13. Jan, 20:31

:(
Auch von mir: herzliches Beileid!
Und:
@rpk: ruhe in Frieden...

steppenhund - 14. Jan, 09:23

Ich hatte gehofft, dir das Beileid persönlich aussprechen zu können. Habe dir aufs Band wegen Freitag gesprochen.

katiza - 15. Jan, 17:52

Frau Rosmarin, ich kannte RPK nicht, stolpere hier vorbei und fühle mit Ihnen - er lebt auch in Ihnen, durch sie weiter. Mein Beileid von aus ganzem Herzen...

Jossele - 16. Jan, 19:37

Ein Curser blinkt, verlangt nach Worten.
Woher nehmen wenn eine Leere geworden ist da dort bei dir.
"Gracias a la vida..."
Innehalten, weitergehen und weitertragen was es war, Begegnungen und einiges viel an Selbst, weil wir spiegeln uns im Du.
Nicht fertig werden mit irgendwas, mitnehmen, weil ein Lächeln bleibt, und das ist ewig.

Allegra - 17. Jan, 00:59

...mein beileid...

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und überhaupt....

Hunde, sind unsere Verbindung zum Paradies. Mit einem Hund an einem herrlichen Nachmittag an einem Hang zu sitzen kommt dem Garten Eden gleich, wo Nichtstun nicht Langweile war - sondern Frieden. (Milan Kundera)

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