herr pizzaro

Dienstag, 16. August 2011

die Abenteuer des Signore Pizzaro....

.... habe ich mir jetzt ausgedruckt. Mit der Geschichte kam ich eh nicht weiter. Aber es verhält sich so, dass kommende Woche eine Truppe Handwerker unser gesamtes Untergeschoss vom Duft der fünfziger, sechziger, siebziger und achtziger Jahre befreien wird. Zuvor müssen wir eben dieses Untergeschoss von allen Möbeln und deren Inhalten befreien. Neben hundertausenden von Büchern, Schallplatten (ja.... gibt es noch), alten Fotoapparaten und mindestens fünf Ferngläsern, fielen mir zwei alte Fotoalben aus meiner Kindheit in die Hände. Die enthielten good stuff, den ich noch posten werde. In meinem Alter darf man das. Halbzeit habe ich ja überschritten, also werde ich demnächst mein Lieblingspferd Hannibal posten, die weltbesten Eltern und den weltbesten Exmann.
Vor allem aber fand ich..... meinen dritten Großvater, der die Vorlage des Herrn Pizzaro ist und dessen Bücher ich im Alter, oder wenn Kunden abhanden kommen, übersetzen werde.
Er war der italienische Herr, der Mann ohne Schulbildung, der in mittelalterlichem italienisch (keine Ahnung woher er das kannte), skurrile Geschichten schrieb. Er war der, bei dem die Maler und Schreiber der Region auf dem alten, zerschlissenen Ledersofa sassen, die Welt neu erfanden und ihm zum Dank für den verabreichten Rotwein, ihre Kunstwerke an seinen Wänden hinterließen. Er war der Kommunist, der unter Absingen der Internationalen zu Ostern die Küche verließ, in der seine Frau dem Papst unter Tränen lauschte. Von ihm lernte ich, wie man Spaghetti nur mit Gabel und ohne Löffel (das ist was für Touristen) isst und er war es, der eine ganze Wand mit Tausenden von Wagner-Aufnahmen hatte. In der frankfurter Oper fiel er unangenehm auf, weil er den Tannhäuser mit geschlossenen Augen und tiefer Stimme mittsummte.
Eigentlich hat er immer gesungen, oder gelacht, oder geschrieben und natürlich uns Kinder bespasst. Also vornehmlich meine Cousine und mich.
Er fehlt.

signore-pizzaro

Freitag, 4. Januar 2008

mit dem päckchen petit-fours in der hand…

stürmte pizzaro die hauskapelle der seniorenresidenz und ließ sich auf den letzten freien stuhl fallen. der monsignore hatte bereits mit der bibelstunde angefangen und lupfte die linke augenbraue, las aber unvermindert mit hell säuselnder stimme weiter im buch der bücher.
ausser hofreiter kannte pizzaro niemanden, aber die große zweimeter-frau mit dem lilaton in den weißen haaren war auch anwesend und saß direkt neben dem monsignore. auch sie lupfte die linke augenbraue beim hereinsturz des pizzaro, jedoch zog sie auch den linken mundwinkel leicht missbilligend parallel zur augenbraue herunter.
pizzaro fand sie superb.
der monsignore las aus dem 14. kapitel des matthäus evangeliums die stelle von der wundersamen brotvermehrung vor und pizzaro sah seinen moment gekommen.
„verzeihung sehr verehrter monsignore und liebe herrschaften, ich dachte ich stelle mich kurz vor und brachte etwas…. süßes …. sagen wir… nun, es ist kein brot und wird sich nicht vermehren, aber so sind sie nun mal die petit-fours…“ der arme pizzaro lief glutrot an, wusste er doch, dass er sich seine worte hätte besser überlegen müssen und schon fand er sich in der mitte des bibelkreises stehend wieder, hilflos mit der gebäckschachtel wackelnd.
„vermehrt haben sich immerhin die zebrafinken, aber eigentlich wollte ich nur sagen, dass ich herr pizzaro bin, ich heisse ugo… also je nachdem wie sie möchten…. und ich wollte nur höflich sein…. und verzeihen sie die störung, bitte.“
hofreiter kam ihm zu hilfe und nahm sich flüsternd drei petit-fours aus der schachtel und olga – pizzaro entdeckte sie jetzt erst – warf den kopf in den nacken, sich genüsslich die finger leckend.
der monsignore schnappte nach worten und wurde von miranda gerettet, die atemlos in die kapelle stürmte. „ugo!!! bist du von allen guten geistern verlassen? was willst du im bibelkreis?“
der monsignore schreckte hoch und bekreuzigte sich, denn er wusste, im gegensatz zu pizzaro, dass miranda einen netten kleinen nebenverdienst mit der kunst des handlesens und kartenlegens betrieb und an isis mehr glaubte als an die heilige dreifaltigkeit.
„vade retro“ stammelte der monsignore beim anblick mirandas und die dame mit dem lilagetönten haar zischelte missbiligend „bewahren sie haltung monsignore, sie ist eine unwürdige kleine esoterikerin“
pizzaro schlich wie eine mit weihwasser bespritzte katze zurück auf seinen stuhl und zog den kopf ein.
den rest nahm er nur durch einen nebelschleier wahr, der fast nach weihrauch roch und nach einer stunde innerer selbstbeschimpfung wurde er zornig.
dieser kastrat von monsignore, der nicht den rücken besass einen neuling wenigstens förmlich zu begrüßen, der verfressene hofreiter und die debil brünftige olga, die grauen schweiger und auch die lilane frau hatte ihm nicht geholfen. pizzaro grunzte und dann sprach der monsignore seinen segen und schickte sich an, sie – die bibelgreise – wieder in die welt zu entlassen.
pizzaro stand schwungvoll auf und lächelte maliziös.
„nun, da wir morgen nicht in den genuss einer erquickung unseres spirituellen geistes kommen, darf ich sie zu einer lesung der berühmtesten erotischen geschichten ganz herzlich einladen.“

Donnerstag, 3. Januar 2008

schnell schob pizzaro….

dem gefräßigen hofreiter seine käsescheibe zu, denn olga hatte mit ihrem geräuschvollen und schmatzenden auftritt seinen appetit verscheucht.
am nebentisch entdeckte pizzaro eine wunderbar gepflegte dame mit dem leichten lilaton in den haaren, so wie ihn die frauen in den fünfziger jahren in montecatini getragen hatten. neben dem leichten lilaton im haar trug man damals in neun von zwölf monaten pelz, und sei es nur in form einer leichten nerzstola für laue frühlingsabende. sonntags ging man zum konzert im größten café am platz und trank martini oder auch einen café latte und man hatte kleine pasti vor sich liegen und begutachtete die pelze der kurgäste während das kurorchester flotte weisen spielte. hätte die dame vom nebentisch noch große ohrringe getragen, er hätte sie versehentlich zum tanz aufgefordert. miranda folgte pizzaros blick und wedelte mit den händen, als würde sie von fliegen belästigt.
als die dame aufstand schnellte pizzaro aus seinem stuhl hoch, sprang zu ihr herrüber, machte eine kleine verbeugung und rückte ihren stuhl etwas nach hinten.
olga fiel ein schluck kaffee herunter und sie nestelte an ihrer leicht durchsichtigen bluse, während pizzaro von der fast zweimeter großen frau vollkommen unbeachtet nun mitten hinter dem leeren stuhl stand, den sie gerade verlassen hatte.
er staunte ihr hinter her und wusste nicht wo hin mit sich.
ava hatte sich schnell pizzaros papierserviette in die tasche gepackt und und olga gegen das bein getreten, weil sie diese einfach obszön fand. miranda nahm pizzaro an der hand.
„komm mein lieber. ich werde dir die lorenzkirche zeigen und am nachmittag kommen wir zurück. heute ist bibelstunde“.
die aussicht, auf ein nachmittägliches erneutes zusammentreffen mit der zwei meter großen dame ließ ihn der bibelstunde so ungeduldig entgegensehen, dass er während des besuchs der lorenzkirche von eben dieser nichts mitbekam. nur den restaurator oben auf dem außengerüst in schwindelerregenden höhen, nahm er aus den augenwinkeln wahr, weil dieser oben fröhlich pfeifend eine zigarette rauchte und den jungen mädchen nach sah. überhaupt war pizzaro ein aus-den-augenwinkeln-gucker. was immer auch ihm das leben direkt vor die nase hielt, übersah er geflissentlich, während er aus den augenwinkeln die tollsten sachen sah. so wie heute morgen die dame am nebentisch.
nachdem sie wieder auf dem baumumsäumten berg mit der seniorenresidenz angekommen waren, stürze pizzaro – dem tip hofreiters folgend – sofort zum fahrenden kiosk um sogleich….
„miranda… wie viele leute kommen zur bibelstunde?“
sie zuckte die schultern und murmelte, dass so zwischen zwei und dreizehn leute kämen.
also….kaufte pizzaro alle verbliebenen zwanzig petit fours auf und ging zielsicher der hauseigenen kapelle entgegen. auch wenn er nur zu gast war, so wollte er doch einen guten eindruck machen und auch die bekanntschaft der großen dame.
vor dem käfig der zebrafinken stand olga und fuhr sich durchs dunkel nachgefärbte haar.
„sie haben eier gelegt“

Sonntag, 30. Dezember 2007

pizzaros alter freund paolo...

hatte immer von der befreienden impotenz des alters gesprochen. genau das war es, was pizzaro hier in nürnberg suchte und so ging er vergnügt und entspannt herunter zum frühstück in der seniorenwohnanlage. miranda hatte des nächtens noch tief suchende dialoge mit ihm versucht, aber auch sie war bereits über fünfundsiebzig und hatte nach dem zweiten piccolo die waffen gesteckt.
pizzaro war gespannt, wie sich die stadt seit den prozessen verändert haben mochte und er war neugierig auf die frühstücksdialoge der bewohner dieser vortrefflichen kleinen und gepflegten appartements.
nun gut, er war beim frühstück der jüngste, mit seinen 59komma jahren. dies deutete darauf hin, dass man auch in deutschland nicht frühzeitig ein solches etablissement aufsuchte, sondern erst, wenn es offenbar nicht anders ging.
eine strahlende, rotwangige, bestenfalls neunzehnjährige wies ihm einen tisch zu, allerdings konnte er dort nicht alleine sitzen. so war er es zwar in pisa gewohnt, aber er war ja sozusagen in urlaub und daher gespannt auf interessante konversation mit älteren deutschen.
der vermutlich in ehren ergraute herr hofreiter saß bereits an pizzaros tisch und hatte zwei eier, einen teller schinken, einen teller käse und vier hoteltypische miniaturtöpfchen marmelade vor sich. sein brötchen war dick mit butter beschmiert und mit vollem munde hatte er sich pizzaro vorgestellt. während ihm die serviererin (oder handelte es sich hier um schwestern?) ein glas orangensaft und einen geschälten apfel vor die nase stellte, erzählte hofreiter bereits von dem hier täglich zwischen fünfzehn und sechzehn uhr öffnenden fahrenden kiosk, der vorteffliche petit-fours mit sich führe.
„pah“ spuckte es aus avas mund, die sich im gleichen moment am gleichen tisch niederließ. „sie sollten den pfennig ehren, herr hofreiter, sonst wird der händler zum könig und sie zum bettler und ihre kinder gehen leer aus“ sprach sie und nahm bereits einen schluck kaffee. sodann schielte sie auf hofreiters teller und seufzte tief. während sie linkerhands mit ihrem rätselheft raschelte griff sie rechterhands beherzt zu hofreiters schinkenteller und steckte sich schnell eine scheibe in den bereits geschminkten mund. als hofreiter gerade zum schimpfen ansetzte schwebte eine weitere dame an den tisch. ihre augen ruhten auf pizzaro, und mit einer stimme, die nach dreissig jährigem whisky klang, pflanzte sie sich auf ihren stuhl und gurrte „ich bin olga und auch neu hier“. pizzaro stand nur halb auf und machte eine nur halbe verbeugung.
noch im nachthemd erschien miranda mit zerzaustem haar und herr hofreiter blickte, die nase kräuselnd, zur seite, während olga einen lauten furz von sich gab.
pizzaro gab ein versehentlich gackerndes lachen von sich und wünschte sich auf die piazza vor seinem buchladen, der hoffentlich von donatella und daniele in einer halben stunde geöffnet werden würde.
den kaffe mochte pizzaro, denn der schmeckte typisch deutsch und so ganz anders als sein herrlicher espresso, aber eben deutsch. dass ava ein brötchen in ihrer strickjacke verschwinden ließ merkte nur miranda, denn herr hofreiter war damit beschäftigt, die krümel seines frühstücks mit dem rechten zeigefinger aufzupicken und olga zutzelte an ihrem brötchen als handele es sich dabei um eine weißwurst oder vergleichbare körperteile.

Samstag, 29. Dezember 2007

heftig wurde herr pizzaro an den großen busen….

der altgewordenen miranda gedrückt, als er endlich in nürnberg gelandet war. sie bugsierte ihn in ein taxi, das von einem blondgefärbten siebzigjährigen mann gefahren wurde, der auf der fahrt von seiner ölbohrenden zeit in kuwait erzählte. pizzaro war hin und her gerissen von seiner faszination für die kuwaitgeschichten des taxifahrers und dem übermächtigen, aber gut in form gebrachten busen seiner schwägerin.
angekommen am hügel, auf dem die seniorenwohnanlage stand – wir wollen sie hier anstandshalber nicht etwa altenheim nennen –, rannte miranda sogleich zum empfang, um die bereits abgesprochene inbesitznahme eines kleinen, wirklich kleinen, einzimmerappartements zu regeln. pizzaro war den langen flur entlang spaziert und vor einer großen voliere stehen geblieben, in der sechs zebrafinken ihr dasein fristeten.
während miranda zunächst giftig zischelte und sodann siegesgewiss den schlüssel für pizzaro in empfang nahm, stand er vor den zebrafinken und fragte sich, ob vögel eigentlich spaß am… na ja… wer weiß, ob „spaß“ überhaupt eine relevante kategorie für vögel darstellte.
„guten tag, mein herr. ich bin alma veroleit aber man nennt mich ava hier“ raunzte ihm eine frau zu, die einen übergroßen, leichten sommermantel mit vielen taschen trug.
herr pizzaro wollte den hut ziehen, merkte aber bei dieser gelegenheit, dass er ihn bereits im zug nach milano hatte hängen lassen. so beließ er es bei einer sparsamen verbeugung und starrte weiter auf die zebrafinken. eigentlich wollte er von der frauenwelt in ruhe gelassen werden.
ava aber hatte bereits ihre nase an seinem hals. „ahhhh… das erkenne ich gleich“ raunzte sie.
„tognazzi ist das, gar kein zweifel“
vollkommen unbeabsichtigt entfuhr pizzaro ein leises bäucherchen, denn die bratwurst im zug verfolgte ihn auf leisen sohlen bis hier herauf auf den hügel.
„wissen sie, werter herr, mein mann – gott hab ihn seelig – hat auch gelegentlich tognazzi verwendet. ich selbst half der natur mit chantal numero 8 auf die sprünge“
einer der zebrafinken ließ ein kleines vogelhäufchen von der zweiten stange fallen und pizzaro sah, wie miranda auf ihn zukam, den schlüssel schwenkend.
„nun ja…. die zeiten werden nicht besser für uns rentner und man speist uns mit billigen duschgels ab“ palaverte ava munter weiter.
ohne gnade zu kennen hatte derweil miranda pizzaro untergehakt und ihn in den aufzug gezogen, dessen tür wie von geisterhand aufgegangen war.
kaum, dass sie das appartement 402 betreten hatten, zog miranda aus ihrem pelzbesetzen stiefel einen piccolo.
„endlich allein“… lachte sie, während sie sich um ein haar neben den polstersessel hätte fallen lassen..

Mittwoch, 26. Dezember 2007

als pizzaro alda über den baumwipfeln von lucca erschien…

wurde ihm plötzlich klar, dass er flüchten musste.
die läufige nachbarin, die ihn vom pisaner turm fast herabgestürzt hatte mit den carusoarien aus dem ghettobluster und die sich sodann über ihn hergemacht hatte…. er befürchtete sie überall. er ging nicht mehr aus dem haus, er schlich nur noch. und in seinem buchladen verschanzte er sich hinter dem eingang zum lager, von wo aus er den gesamten platz scannen konnte, bevor er sich für fünf minuten wieder hervorwagte.
selbst wenn emiglia abends kam, um mit ihm einige stellen caruso zu summen und ihm seinen espresso kochte, erschrak er sich beim schlüsselgeräusch in der tür.
seitdem aldas jenseitige stimme verstummt war, wusste er nicht mehr, ob seine atemzüge stimmten oder nicht, ob sein tagesablauf rund oder eckig war und ob er überhaupt emiglia hätte erlauben dürfen, fast allabendlich bei ihm herein zu schauen. sicher war er nur noch bezüglich der frage wann er seinen hund ausführen musste. aber diesbezüglich hatte er schon immer sicherheit verspürt.
innerhalb weniger sekunden waren ihm die nächsten schritte klar geworden und folgerichtig erschienen. so rief er nächtens - nachdem emiglia nach hause gegangen war - aldas schwester miranda an, die nürnberg niemals verlassen hatte.
beide schwestern - alda und miranda – waren dort groß geworden, aber alda hatte es zurück in den ort ihrer kindheit gezogen und die ältere miranda war mit ihrem ehemann, dem amtsrat, in nürnberg geblieben. sie hatte nicht die hellsichtigkeit von alda, aber das gleiche lachen, das nach betrunkenen erdbeeren klang. sie lebte in einem altersheim hoch oben auf einem parkumsäumten berg und schien überhaupt nicht verwundert über pizzaros fluchtgedanken. sie meinte, er solle nur kommen und es würde sich schon ein kleines appartement im heim für ihn finden und zur not wolle sie die heimleitung erpressen. dies wiederum sei überhaupt kein problem, denn sie – miranda – habe beweise, dass die heimleiterin heimlich über den durst trinke und er solle einfach nur schnell packen und kommen.
morgens um drei brachte pizzaro der kulturredakteurin donatella die schlüssel seines buchladens und auch der nannini-lehrling daniele hatte im tiefschlaf pizzaros anruf entgegengenommen. „si si singore pizzaro…. donatella und ich werden den laden schon schaukeln“.
als um halb sechs uhr morgens die vögel das zwitschern anfingen, lag emiglia träumend in ihrem himmelbett, nicht ahnend, dass der mann ihres herzens am bahnhof von pisa auf den zug nach milano wartete, um sogleich nürnberg zu flüchten.

Sonntag, 17. Juni 2007

pizzaro ging am morgen nach dem sexuellen überfall....

der nachbarin ganz besonders früh aus dem haus. er war verwirrt und besorgt. was würde alda dazu sagen. und hatte sie es mit erlebt? und wo war alda überhaupt. sie war so ruhig geworden in den letzten monaten. ob es an den häufigen besuchen von emiglia lag?
pizzaro nahm den erstbesten bus und landete in lucca. es wurde sommer und die erde begann sandfarben zu riechen. als er bei einem kleinen macchiato in dem café sass, das sich gegenüber dem ältesten juwelier der stadt befand, dachte pizzaro darüber nach, wie er der nachbarin entkommen könnte.
ein deutsches junges pärchen spazierte durch die gassen der alten stadt. er erkannte sie zunächst an den birkenstocksandalen und erst dann bemerkte er, dass sie ein kleines schwein an der leine mit sich führten. pizzaro warf dem schwein seinen amarettokeks zu und fing sich böse blicke des jungen glücks ein. verlegen fingerte er nach seiner taschenuhr und fand in der tasche seiner weste nur eine aspirin. er nahm niemals medikamente, auch nicht solche die man rezeptfrei bekam. pillen ekelten ihn und gaben ihm erst recht das gefühl, krank zu sein. zudem war er ein mann im besten alter. zugegeben, mit sechzig war er keine zwanzig mehr. aber auch nicht viel älter.
pizzaro legte geld auf den kleinen holztisch des cafés und ging zur stadtmauer. dort hatte sich ein malkurs eingefunden und schnellen schrittes zog er an ihnen vorbei. dabei murmelte er einen alten liedertext vor sich hin um nicht hören zu müssen, in welcher sprache die malkürsler miteinander sprachen.
im sommer war italien nicht italien sondern ein besetztes land. pizzaro war ratlos und wusste nicht wohin. unter seiner wohnung lebte die läufige nachbarin und seine buchhandlung würde in den nächsten wochen nur reiseführer verkaufen. er dachte an flucht.
und plötzlich tauchte alda auf.....

Dienstag, 20. Februar 2007

viele jahre hatte herr pizzaro…..

überlebt und allabendlich mit alda gesprochen wenn er im bett lag, obwohl sie längst verstorben war. und auch damals hatte sie es gerochen. sie lagen gemeinsam am strand von forte dei marmi und aßen salzige sciacchiatine. alda schnupperte aufs meer hinaus und gab ihm einen kuss auf seine unglaublich lange nase. vermutlich war sogar nur seine lange nase der grund für ihre liebe und gar nicht das carusobuch bei den pariser bouquinistes.
„weißt du pizzaro…“ sagte alda an diesem strandtag „wir müssen halt abends weitersprechen, solange es geht“ und dann lief sie ins meer und ging schwimmen. bestimmt, so dachte pizzaro, hatte sie gerochen, dass sie auf einen wild gewordenen touristen treffen würde, der sie mit seinem boot einfach umpflüge.
und also sprach er allabendlich mit alda, bis ihre anwesenheit von jahr zu jahr schwächer und unregelmäßiger wurde und sie eines tages ganz verschwunden war.
als alda verstummte, ging er nach feierabend hoch auf den pisaner turm und schaute herab. er blickte in die tiefe, die ihn herabzuziehen schien, als er plötzlich eine frau unten auf der wiese sah, die einen ghettobluster auf den schultern hielt und so laut wie in der veroneser arena den platz mit carusos loris aus der fedora beschallte.
pizzaro liebte diese rolle, die den beginn von carusos aufstieg darstellte. kurz stolperte er, und merkte, dass er eigentlich fallen wollte und dann warf er sich sogleich vor schreck zurück. er landete auf dem po und schon hyperventilierend kniff er die augen zusammen.
er kannte die frau mit dem ghettobluster. verwirrt rieb er sich die augen und fragte sich, woher sie ihm so bekannt vorkam. unten erstarb der ghettobluster und irgendwann plötzlich hielt ihm hinterrücks eine frauenhand ein dose mit teebaumöl vor die nase. „herr pizzaro, diesmal mache ich ihnen ein duftgeschenk“ sagte sie und lächelte ihn an.
die tiefe, der schreck, das teebaumöl und vor allem die verstummte alda, machten ihn schwach. er erlaubte der ältlichen merkwürdigen frau, ihn unter die achseln zu fassen und ihm beim aufstehen zu helfen. sie führte ihn zu seinem haus und als sie den schlüssel in die tür steckte fiel es ihm wieder ein. schlotternd ließ er sich von ihr die treppe hinauf führen und als sie die wohnungstür aufschloss merkte pizzaro nicht, dass es gar nicht seine tür war.
erst als er auf dem styroporgefüllten roten kunstledersack sass und ein wasserglas portwein verabreicht bekam realisierte pizzaro, dass diese frau seine nachbarin war, die unter ihm wohnte. er hatte sie immer irgendwie absichtlich und auch unbewusst ignoriert, wenn sie da so in ihrem alter die treppen heruntersprang wie ein teenager und dabei sinnlose wortkonstruktionen vor sich hinsang.
und während er sich all dies zu bewußtsein kommen ließ, nestelte sie bereits an seiner krawatte herum und hauchte zusammenhangslose dinge wie „sei mein chilli heute mondfindend“ oder „du ratte, was tust du mit mir“…. aber pizzaro tat nichts. versunken im roten kunstledersack nahm er wie neben sich stehend wahr, wie sie sich an ihm zu schaffen machte, röhrte und sich brunftend auf ihm nieder ließ. er zerrte an ihrem haar und sie wurde so wild und umschlang ihn heftigst, so daß herr pizzaro einer kurzen ohnmacht anheim fiel.
dann gab er auf. jähzornig stürzte er sich auf sie und wusste selbst nicht, was zu tun, als er sie niederrang und sie gurrte wie ein huhn beim picken.

Samstag, 3. Februar 2007

ebenso wie caruso entstammte herr pizzaro…..

einer kinderreichen familie. genau aus diesem grunde jedoch war es herrn pizzaro versagt geblieben, gesang zu studieren. vielmehr konnte er letztlich froh sein, dass er die buchhandlung seiner ersten frau zu verdanken hatte. sie war die tochter des ortsansässigen bibliothekars gewesen und hatte von diesem die liebe zu büchern geerbt. sie hatte kein verhältnis zu literatur. nein, sie liebte die bücher.
mit geschlossenen augen verstand sie es, anhand der beschaffenheit des papiers sowie seines geruchs, verlag und erscheinungsjahr des buches zu erraten, welches man ihr vorhielt.
kennengelernt hatten sie sich bei den bouquinistes in paris. herr pizzaro durchstöberte einen büchertisch nach caruso-biographien als er diese kleine frau aus den augenwinkeln wahrnahm, die ihre lange nase tief in holländische erstausgaben vergrub. irritiert beobachtete er sie eine lange weile.
sie stand mit geschlossenen augen am stand und ließ ihre hände über die bücher streichen. wenn ihre hände zur ruhe kamen und über einem buch verharrten, nahm sie dieses auf und durchblätterte es langsam, ließ die seiten durch ihre finger gleiten und streichelte behutsam die letzte. dann blätterte sie in die mitte des buches, näherte sich ganz langsam mit ihrem gesicht und beschnupperte das papier wie ein kleiner hund. sie hob den kopf und nahm pariser luft in sich auf, um sich sogleich wieder in das buch zu versenken und einen tiefen tiefen atemzug durch die nase zu nehmen. dabei gurrte sie ganz leise.
herr pizzaro stand wie angewurzelt herum und verlor jegliches zeitgefühl, während er die junge frau, die später seine werden sollte, fasziniert beobachtet. er war ein junger mann damals und so konnte er nicht anders, als sich vorzustellen, wie sie statt am papier an seiner haut schnupperte. er sah ihre zarten finger über das papier der seiten streichen wie über die haare auf seiner brust. und er sehnte sich schmerzlich danach ihren tiefen atemzug mit dem leisen gurren - bei gefallen - in seiner achselhöhle zu verspüren.
so sprach er sie an. er hatte völlig vergessen, dass er in frankreich war und kaum ein wort französisch sprach und also bat er sie auf italienisch. „verzeihung signorina, ich habe hier ein buch, das mich sehr interessiert. es handelt von caruso, dem größten sänger dieser welt. ich weiß nicht, ob sie ihn kennen. aber ich wüsste gerne ihre meinung zu diesem buch.“ er reichte ihr das buch und sie lächelte ihn an. „selbstverständlich gerne mein herr“ , denn auch sie hatte in keinster weise bemerkt, dass sie - zwei italiener - mitten in paris ganz natürlich miteinander sprachen. und schon schloss sie die augen und begann ihr ritual.
ihr abschließendes gurren hatte einen verzückten, kaum merklichen unterton. „oh, das scheint mir der gautier-verlag zu sein, in seinen frühen jahren. damals hatten sie das beste papier, welches aus der vaucluse stammte. es wurde von einem wunderbaren katalonier geschöpft, der bis zu seinem viel zu frühen tode niemandem die beimischung des wassers verriet. ich würde es nehmen. egal zu welchem preis.“
herr pizzaro nahm es und sie auch. ihre ehe war so glücklich, dass sie nur kurz sein durfte und so kam es, dass er alda viel zu früh verlor. in den zehn jahren ihres beisammenseins hatte er gelernt, ihre hellsichtigkeit zu fürchten. besonders seitdem sie sonntags nach siena mit dem bus fahren wollten zum palio. sie hatten sich fein gemacht und saßen bereits eine halbe stunde zu früh an der bushaltestelle. sie hielten sich an den händen und schwiegen. als der bus kam, blieb alda einfach sitzen. er ermahnte sie, nun endlich aufzustehen und mit ihm den bus zu besteigen, als sie seine zerrende hand einfach festhielt und ihn mit leisem druck zum hinsetzen zwang. „es ist kein guter tag für den palio“ und so saßen sie eine weitere stunde an der haltestelle bis die hitze fast unerträglich wurde.
mit ihrem ärmel wischte sie ihm den schweiss von der stirn. dann nahm sie einen tiefen atemzug aus seinem haar und zog ihn fort, in ihr lieblingsrestaurant. in aldas nähe war herr pizzaro bis zu ihrem tode wie hypnotisiert. er leistete niemals widerstand und liess sich von ihr führen. nur ein einziges mal, am folgenden tage des palio schaute er sie fragend an. wie hatte sie wissen können, dass der bus schwer verunglücken würde? sie sah seinen blick und seufzte tief. „liebster, ich habe es einfach gerochen“.

Freitag, 19. Januar 2007

eigentlich liebte herr pizzaro….

gute italienische schriftsteller. und es war ihm zumeist ein alptraum, dass seine buchhandlung ganz in der nähe des touristenanziehenden turms gelegen war. in der regel verkaufte er stadtführer, restaurantmagazine und die aktuellen bestseller in allen möglichen sprachen. wenn ihm die vielen holländer, deutschen und briten allzu sehr auf die nerven fielen, bestellte er sich in der bar nannini gleich um die ecke ein paar bomboloni, denn die waren dort fast stets frisch und warm und rochen nach zucker und butter.
gebracht wurden sie ihm von daniele, zusammen mit einem kleinen coretto. der etwas schief geratene junge mann bekam dafür jeweils am monatsende ein kleines büchlein von herrn pizzaro geschenkt. herr pizzaro war in solchen dingen etwas altmodisch und fand ein kleines kluges geschenk nützlicher als ein schnödes trinkgeld.
im winter, wenn lediglich hart gesottene deutsche studienräte nach pisa kamen, war sein geschäft ruhig. dann ging er mit donatella, der kulturredakteurin des pisaner tagesanzeigers, gelegentlich in die vedute zum essen und schnapste mit ihr einige lesungen aus, die sie in klugen artikeln und in der pisaner homepage bewarb.
wenn die literaten zu ihren lesungen in herrn pizzaros buchhandlung erschienen, putzte er sich heraus. bevor er seine wohnung verließ, legte er eine seiner carusoplatten auf, nahm seinen profumo und zog sich seine schwarze strickjacke über. mit dieser sah er fast ein bisschen wie umberto ecco aus, ein bisschen klug und ein bisschen nobel. die schriftsteller mochten ihn. nicht nur, weil er ihre texte mochte und ihnen zu etwas lokalem ruhm verhalf. nein. sie mochten ihn, weil er immer gut roch, weil er im gegensatz zu mancher signora der pisaner gesellschaft niemals einschlief bei einer lesung, weil er immer die gesamten eintrittsgelder an sie übergab und vor allem, weil er im anschluss an eine lesung es sich nicht nehmen ließ, den jeweiligen autoren zu einem großartigen essen einzuladen.
zu diesem nahm er auch emiglia mit, die an den leseabenden die eintrittsgelder kassierte und sie in dezente weiße briefumschläge packte. diese weißen briefumschläge steckte herr pizzaro seinen autoren in die jackentaschen, sobald sie während des anschließenden restaurantaufenthalts die toilette aufsuchten.
ausgerechnet als im letzten november der fiorentiner signore mantovani aus seinem roman die schlüpfrigsten stellen vortrug – was eine große ehre gewesen war, denn herr mantovani trug eben diese stellen sonst niemals öffentlich vor – also just an diesem abend wurden sie im restaurant überfallen.
sie hatten wunderbar gegessen und insbesondere die in zucker gerollten, frisch frittieren und mit vanillecreme gefüllten kügelchen hatten es ihnen angetan. zugegeben, sie hatten sich überfressen und den ein oder anderen grappa zur verdauung zu sich genommen und herr pizzaro hatte daran gedacht, herrn mantovani das "du" anzubieten. jedoch fand er nicht die richtigen worte und bestellte stattdessen die rechnung, als vier maskierte und dunkel gekleidete männer mit maschinengewehren die noble herberge stürmten.
herr pizzaro hatte schon vieles überstanden und eigentlich hätte er gerne den helden gespielt und diese maskierten unholde eines besseren belehrt. jedoch wollte er in emiglias anwesenheit kein risiko eingehen und so hielt er den mund und ließ sich mit all den anderen an die wand stellen. herr pizzaro und herr mantovani hatten emiglia schnell in ihre mitte genommen, als sie dort mit dem gesicht zur wand standen, während die ganoven die mantel-, hand- und hosentaschen der anwesenden gäste untersuchten.
die signora links von ihm lutschte an ihrem rechten mittelfinger und sog ihren brillantring in den mund, den sie allerdings sogleich vor schreck verschluckte, als einer der ganoven ihr sein gewehr in den rücken rammte. wenig später war der spuk vorbei und die vier unholde verließen mit etlichen brieftaschen und schmuck das restaurant.
emiglia und signore mantovani dachten es sei der schock der dazu führte, dass herr pizzaro während der anschließenden befragung durch die carabinieri stets in lachsalven ausbrach, sobald er den hergang des überfalls schildern sollte. die vorstellung jedoch, wie die signora nun versuchte, allmorgendlich ihren verschluckten ring wieder zum vorschein zu bringen, ließ herrn pizzaro den ernst der überstandenen situation völlig verkennen.

und überhaupt....

Hunde, sind unsere Verbindung zum Paradies. Mit einem Hund an einem herrlichen Nachmittag an einem Hang zu sitzen kommt dem Garten Eden gleich, wo Nichtstun nicht Langweile war - sondern Frieden. (Milan Kundera)

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