herr pizzaro

Dienstag, 9. Januar 2007

herr pizzaro besaß eine vollständige sammlung…

der platten von caruso. selbstverständlich wusste er, dass caruso aus heutiger sicht kein wirklich großer tenor gewesen war. aber herr pizzaro hielt ihn für einen wirklich großen mann, wenn auch von kleiner statur.
carusos kleiner wuchs und sein etwas fülliger leib waren nicht die einzigen ähnlichkeiten der beiden männer. herr pizarro hatte ebenso einstmals eine liebe mit namen geraldine gehabt. nun gut, herr pizzaro war kein frauenheld - niemals gewesen - und seine liebe war die tochter des berühmten chaplin. und selbstverständlich wusste geraldine nichts von herrn pizzaro, der sie ausschließlich über die bildschirme und fotomagazine geliebt hatte. häufig hatte er – in der zeit, in der er geraldine noch liebte und bevor emiglia in sein leben getreten war – ihr die arien des großen kleinen caruso abends am fenster stehend vorgesungen. dabei hatte der hund des herrn pizzaro leidenschaftlich mit gesungen und verständlicherweise waren die nachbarn, insbesondere der apotheker garzellotti, nicht begeistert davon.
dies konnte herrn pizzaro jedoch nicht irritieren. während er am fenster stand und sang, war er in gedanken auf der bühne mit carusos geraldine, die damals tatsächlich auf der bühne das singen vergessen hatte, weil sie so hingerissen von carusos gesang in tränen ausbrach.
eine echte lina allerdings hatte herr pizzaro nicht. die lina des caruso war eine tochter des cavaleri gewesen und sie hatte caruso tatsächlich auf der bühne geküsst und nicht etwa weil damalige dramaturgische vorgaben so etwas bereits gewagt hätten. nein, einfach nur aus begeisterung für seinen gesang.
soweit hätte herr pizzaro es auch gerne gebracht, aber keine fiel ihm um den hals und keine küsste ihn. bestenfalls unterbrachen die nachbarinnen ihr lautes gezeter mit den gatten oder klopften mit besen und topfdeckeln an die wände, wenn pizzaro sang.
als emiglia in herrn pizzaros leben trat so tat sie dies seiner fensterarien wegen. allabendlich stromerte sie durch die gassen und fotografierte beleuchtete fenster.
ganz eindeutig war herrn pizzaros fenster ihr schönstes motiv. einmal hatte sie ein foto von ihm geschossen, als er bei einem gewitter am geöffneten fenster stand und sang. selbst den blitz hatte sie mit auf das bild bekommen und herr pizzaro trug an diesem abend einen wunderbaren smoking, den er sich extra aufgrund der wettervorhersage gekauft hatte.
er liebte gewitter. und an diesem abend hatten sie ein gar schlimmes temporale vorhergesagt. so war er gleich morgens losgelaufen und hatte sich anstatt der benötigten lebensmittel einen gebrauchten smoking in gutem zustand gekauft. abends hatte er sich einen schweren rotwein geöffnet und an einem alten brot gekaut, während er darüber nachdachte, welche arie wohl zu einem nächtlichen gewitter passen würde.
es musste ernst und gewaltig klingen und als der erste donner krachte, rannte herr pizzaro zum fenster, riss es auf und sang "la bohème". er ahnte nicht, dass unten in der gasse emiglia stand und ihr späteres lieblingsbild schoss, noch bevor sie sich in ihn verliebte. dies allerdings geschah nur wenige sekunden später. sie stand im plötzlich einsetzenden regen und schaute hinauf zu einem älteren herrn im smoking, der zwar etwas falsch aber voller inbrunst sang.
nach einigen minuten gingen ringsumher die fenster auf und wütendes geschrei erhob sich. herr pizzaro erschrak und auch emiglia erschrak und mit unverminderter inbrunst sang er weiter, allerdings kaum hörbar. er verschluckte die arie nach innen während seine lippen die worte formten. er war ergriffen und emiglia war es auch.
sie schlich in den benachbarten park und rupfte die heckenrosen heraus. die blüten waren so klein und sie musste so viel und lange rupfen, bis sie endlich in ihrem hochgehobenen rock einen ganzen großen strauss zu seiner tür tragen konnte. sie ließ die rosen vor seine eingangstür fallen und ging pfeifend nach hause. dort wartete ihr kanarienvogel auf sie, der ihr sogleich ansah, dass etwas großes geschehen war.

Donnerstag, 21. Dezember 2006

herr pizzarro war zufrieden....

als er spät abends zusah, wie sein hund den tannenbaumgeformten knochen des futtermittelherstellers zerfrass.
ja, zufrieden war er, seit er entdeckt hatte, wie sehr ihm frauen zuwider waren, die kurz vor weihnachten oder dem jeweiligen geburtstag, eine kinderstimme samt aufgerissenen augen zustande brachten. er konnte sie nicht leiden. wie sie da abends mit ihren galanen, die wunder was von sich hielten, spazierten und vor den schuh- und parfümerieläden dieses kindliche „ohhhh“ zustande brachten, das fast ebenso hübsch und vergnügt klang wie echtes kinderstaunen...
diese abscheu nannte er seine eigene seit er hinter dieser kleinmädchenstimme am kassenband im supermarkt gestanden hatte, die flötete „ohhh..... schenkst du mir eine kette zu weihnachten“.... fast so, als sei sie sieben.
dabei war sie mindestens siebenundzwanzig und wollte die kette, die sie bereits in der hand hielt, bestenfalls, um vor ihren freundinnen sagen zu können, er habe ihr eine kette geschenkt. ein schmuckstück!! denn das war in diesem alter ebenso gut wie die anzahlung auf ein haus oder doch zumindest auf einen bausparvertrag. also es bewies doch, wie sehr er – der junge galan – von einer zukunft mit ihr träumte. und was hätten siebenundzwanzigjährige mädchen nicht alles für eine zukunft getan? also seitdem jedenfalls konnte herr pizzarro sie nicht mehr leiden. nicht, dass er nicht eine von den siebenundzwänzigjährigen gern an seiner seite gewusst hätte des nächtens.
aber irgendwie, seit er ihre berechnung entdeckt hatte, war es mit seinem begehren vorbei. dies erwies sich als äusserst nützlich, denn sein kopf war plötzlich frei und klar für jederlei schlauheiten, betrügerein und kleine rachen.
sein buchladen inmitten von pisa lief hervorragend, obwohl sich fast gegenüber diese amerikanische kette nieder gelassen hatte. aber der chef des amerikanischen bücherwurms war sein alter schulfreund ficini, der widerum zarte jungs über alle maßen liebte. herr ficini wusste, dass herr pizzarro wusste und so kamen beide buchhandlungen nebeneinander hervorragend aus und das leben folgte einem gemächlich heiteren fluss.
zumindest bis herr pizzarro auf eine hervorragende idee kam. wenn die beiden buchhandlungen schlossen, so dauerte es nicht lange, bis die wohungslosen älteren, stinkenden herren sich in den eingängen der buchhandlungen nieder liessen. weil herr pizzarro gut verdiente und keine siebenundzwanzigjährige geliebte zu unterhalten hatte, andererseits natürlich auch der steuer nichts schenken wollte.... also deshalb legte er sich eine eigenartige gewohnheit zu. fast jeden abend mietete er in der pisaner innenstadt ein hotelzimmer auf seinen namen, um einen schon fast berühmten schriftsteller dort einzuquartieren. natürlich hatten die hoteliers sein spiel durchschaut, aber italien war ja nicht mehr italien und alles war möglich, solange es formal in ordnung schien. und so kam es, dass die schmuddeligsten, verstunkensten und versoffensten schreiberlinge – die man in regelmässigen quartalswindungen wiedererkannte – in den feinen leinenlaken schliefen und die hindrappierten seifenstücke verbrauchten und die minibars halbleer tranken.
täglich – oder fast täglich – wenn er einem der trinkbrüder einen zimmerschlüssel zusteckte, ging pizzarro zufrieden nach hause zu emiglia. diese war mittlerweile schon so alt, dass ihre siebenundvierzigjährigen füsse verhornt waren. so verhornt, dass sie ohne blasenentzündung auf dem kalten steinfußboden stehen konnten, während pizzarros espresso durch die kanne nach oben kroch. emiglia war immer noch jung im vergleich zu ihm.... aber wie gesagt, ihre füße trugen schon hornhaut.
seine freunde, mit denen er gelegentlich kommunistische kampfeslieder beim rotwein sang, hatten fast alle junge geliebte. und beim grappa stöhnten sie, weil die jungen dinger davon träumten, dass sie ihnen ketten und bausparverträge schenkten. und nachdem pizzarro sich hatte von ihnen bedauern lassen, weil er kein wilder kerl war, schlurfte er vergnügt nach hause, zur hornhauttfüßigen emiglia und winkte nach oben ins hotel, wo wieder ein stinkender tippelbruder den hotelier zur verzweiflung brachte.

und überhaupt....

Hunde, sind unsere Verbindung zum Paradies. Mit einem Hund an einem herrlichen Nachmittag an einem Hang zu sitzen kommt dem Garten Eden gleich, wo Nichtstun nicht Langweile war - sondern Frieden. (Milan Kundera)

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