Montag, 21. Oktober 2013

Verwunschen verwirrte Tage liegen hinter mir...

.... denn die Freundin aus Austria ist ja angereist. Um ein Haar wäre sie fast gar nicht angereist, aber das ist eine andere Geschichte.
Letztlich konnte ich sie dann doch vom Bahnhof abholen und wir fuhren durch die Stadt, die es ja angeblich nicht gibt. Sehr ungewohnt war, dass sie augenscheinlich alleine und ohne das vergnügt quietschende Tier gelandet ist. Aber nicht alles ist so, wie es aussieht. Wir brauchten ein paar Tage bis wir merkten, dass das Tier noch da ist, nur jetzt keine Leine und kein Futter mehr benötigt. In Wirklichkeit war der kleine Buddhahund natürlich noch dabei und so ganz langsam haben wir uns wieder getraut, von ihm in der Gegenwartsform zu sprechen. Die kleine Lichtgestalt hat auch ordentlich in meinem Auto gespukt, denn als ich die Freundin wieder zur Abfahrt begleitet hatte, leuchteten in meinem Auto alle Lampen und ich musste sehr eigenartige Rituale vollführen, damit es wieder ausging (mit Licht fahren und an Knöpfen rumwerkeln, dann wieder anhalten, einmal ums Auto rumlaufen, Türen auf und zu schlagen, weiterfahren, wieder Knöpfe drücken etc.). Irgendwann hat der kleine Kasper ein Einsehen oder auch Mitleid gehabt und alles funzte wieder normal. Natürlich könnte man jetzt an meinem Verstand zweifeln. Das wäre im Prinzip eine gute Idee, wenn wir dieses Thema mit dem nachlassenden Verstand nicht in einer nächtlichen Kreativsitzung sowieso gelöst hätten. Aber dazu später mehr.
Es gelang uns, die Zeit zu verlangsamen, so dass unendlich viel Erlebnisstoff in die vier Tage passte. Wir begannen mit einem Sektfrühstück, das sogleich dazu führte, dass der Himmel aufriss und die Sonne mit Heldentemperaturen unsere Unternehmungen begleitete. Beim abendlichen Rotweingulasch tauschten wir Neuigkeiten und Zukunftspläne aus, um so gleich barfuß (also ich nicht, sondern sie) durch den hauseigenen Park zu flanieren und den Vollmond zu bewundern. Wir haben vergessen, dafür den Feuerkorb anzumachen, aber vergessen haben wir eh so manches. Dazu aber später mehr.
Wir haben Nachbarörtchen durchflaniert mit vielen aahhs und ooohs um uns geworfen und unter freiem Himmel einer Kellnerin eine kleine Fremdsprachenlektion erteilt. Sie weiß nun was ein Seiderl ist und die Freundin weiß nun wie Pickert schmeckt. Dazwischen schauen wir halbnackte Männer an….

Abendlich frönte die Freundin ihrer Leidenschaft, Obst möglichst klein zu schnippeln. Das ist auch meine Leidenschaft. Also dass sie schnippelt (denn ich hasse schnippeln). Wir lagen ermattet vor dem TV-DVD, aber nur kurz… denn der Film nahm uns so gefangen, dass wir sein Ende dreimal angeschaut haben, einfach nur weil’s soooo schön war. Natürlich wollten wir früh ins Bett und früh am morgen haben wir es auch geschafft. Wir tendieren eh dazu, immer irgendwelche Vorhaben zu vergessen, aber dazu später mehr.
Es muss das Konzert vom Samstagabend gewesen sein, das uns in der Nacht ganz große Rätsel lösen ließ. Lost in space and time…. Lauschten wir Didgeridoos und Obertongesängen eines wunderbaren Mannes, den der weltbeste Herr Ro in die Stadt holte, die es ja eh nicht gibt. Also hoben wir alle ab und genossen hingebungsvoll Töne und Loops und wurden in wenigen Minuten eine eingeschworene Gemeinschaft seelig blöd schauender Hörer.
Wieder zu Hause öffnen wir eine Flasche Sekt und kichern über unsere zunehmenden Wortfindungsstörungen. Aber eigentlich sind die nicht so schlimm, denn wir wissen eh, was die andere gerade sagen will. Sie sagt „Hauptsache, wir stellen die Schuhe nicht in den Kühlschrank“… und so nahmen die Dinge ihren Lauf.
Ich konnte sie davon überzeugen, dass es eine äußerst gute Idee wäre, die Schuhe in den Kühlschrank zu stellen. Zumindest die feinen Lederschuhe. Und besonders im Sommer. Denn erstens riechen die Lederschuhe dann nicht so unangenehm, wenn sie im Kühlschrank stehen. Und zweitens ist es eine super Sache, wenn man im Sommer mit den nackten Füßen in frisch gekühlte Lederschuhe steigt.
Wir begannen im Geiste die Liste zu den Alzheimer- und Demenzdiagnosen durchzugehen. Schuhe im Kühlschrank sind schon mal kein Hinweis auf Hirnabbau, sondern vielmehr ein Indiz für Erfahrung, Kreativität und gute Lösungen. Ebenso ist es ja mit dem Vergessen unliebsamer Zeitgenossen. Ist es nicht mitunter herrlich, wenn man als älterer Mensch in der entsprechenden Verwahranstalt sitzt, sich die „lieben“ Kinder oder den „lieben“ Gatten vom Hals zu halten? Sie haben einen ja da rein verfrachtet und man muss nur glaubhaft fragen… „wer sind Sie??? Ich kenn‘ Sie nicht!“. Wunderbar! Endlich kann man die falschen Liebenden absägen und im Heim neue Kontakte knüpfen. Wer weiß, vielleicht springt noch ein erotisches Abenteuer heraus. So wie etwa bei der alten Dame, die uns das Haus auf der Sonneninsel verkaufte, ins Heim zog und bereits nach einem halben Jahr mit ihrem neuen Freund dort das Zimmer teilt. Muss man wirklich wissen, wer gerade Bundespräsident, Kanzler oder amerikanischer Präsident ist??? Nein, muss man ab einem gewissen Alter nicht mehr, denn man hat ja schon einige Kommen und Gehen gesehen. Und muss man wissen, welcher Tag heute ist, wenn man nicht mehr im Arbeitsleben ist, oder welches Jahr? Wozu? Je weiter die Nacht voran schritt, umso klarer wurde uns: Alzheimer ist keine Diagnose für Hirnabbauprozesse! Alzheimer ist bestenfalls ein Disziplinierungsinstrument für kluge ältere Menschen, die den Wahnsinn der Gegenwart durchschauen und ihm kreativ entkommen. Beruhigt fielen wir um vier Uhr in der früh ins Bett. Zwar hatten wir den Plan, die Ohrfeige wieder salonfähig zu machen, nicht weiter verfolgt, dafür aber hatten wir ein großes Rätsel gelöst.
So weise wie wir nun waren, konnten wir sogar am Folgetag auf die Kunsthandwerkermesse gehen, ohne zu verarmen. Die Juweliere und Schneider und Tischler und Bildhauer haben leider unter unserem „ich brauch eigentlich nix“ zu leiden gehabt. Wir sind dann auch sogleich in den Wald getrabt, um die zwei dort lebenden Freundinnen zu besuchen.

Laufen, Baumwurzeln bewundern und staunend den Hunden beim ablecken der Heilerdeflecken zuzuschauen, einen kapitalen Rehbock zu bewundern und uns mit gesunden Obsttörtchen zu füttern.
Wunderbare Tage und selbst das plüschige Haustier macht nächtliche Yogaübungen...

Obwohl es uns gelungen ist, die Zeit langsamer ablaufen zu lassen, haben wir es nicht geschafft, sie anzuhalten. Das ist irgendwie blöd, denn der Abreisemoment kam näher. Wir haben uns das von Anfang an gleich angewöhnt, diese Abschiede nicht zu zelebrieren. Kurz rumstehen, belangloses Zeug quatschen, total einen auf cool machen, Lippen zusammenkneifen, umarmen und wieder total cool jede ihrer Wege zu gehen.
Heute, da sie bereits wieder in Austria weilt, schaut sie mich plötzlich aus der ortsansässigen Zeitung an und ich finde das spooky und vermisse sie. Eh.

und überhaupt....

Hunde, sind unsere Verbindung zum Paradies. Mit einem Hund an einem herrlichen Nachmittag an einem Hang zu sitzen kommt dem Garten Eden gleich, wo Nichtstun nicht Langweile war - sondern Frieden. (Milan Kundera)

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