Der Herzensmann...

... hat sich seinen neuen alten Bus gepackt und das Fräulein hineingeworfen, nebst hölzernen Blasinstrumenten und alles was man für's Inselleben so braucht, während ich mich tapfer dem drohenden Herzinfarkt entgegen arbeite.
Während er bisher ein Muster ein Inkonsequenz, und ich ein Vorbild an Konsequenz und Klarheit war, haben die Dinge zwischen uns sich vollkommen verdreht.
Der Mann hat dem Mammon und dem Gefragtsein endgültig zugunsten seines Seelenfriedens entsagt. Er lässt sein graues Haar lange lange wachsen, starrt Löcher in die Luft, geht zum Chi Gong (ja er! Er hätte sich früher totgelacht über sowas), zum Didgeridoo spielen, er singt Moritaten und Oberton wie die Mongolen und hat das Drechseln gelernt.
Meine Wenigkeit hingegen steckt in einer Gegenteilphase. Ich tue seit Wochen - und es sind schon viele Wochen - exakt das Gegenteil von dem, was ich mir vorgenommen habe.
Aus dem Schreib-Urlaub im August ist ein Besucher-Urlaub geworden mitsamt abschließender Schaff-Woche zur Sanierung des Bullerbü-Häusis. Ich habe nicht ein Wort geschrieben und nicht ein einziges Wort gelesen.
Aus dem „wir reduzieren uns“ ist ein Arbeitsmarathon für mich geworden, der nunmehr seit sechs Wochen anhält und noch weitere sechs Wochen andauern wird. Heldenhaft habe ich einen Pitch für ein Großprojekt abgesagt und war ganz stolz, dass ich der Verführung widerstanden habe. Hätte sie doch ein in-Frage-ziehen all unserer Pläne für die kommenden Jahre bedeutet.
Allerdings hat nur wenige Tage nach meiner Absage das Großprojekt angerufen und höflich gefragt, ob ich nicht zu einem anderen Termin meine Ideen und Konzepte vorstellen können, man dürfe es ja nicht sagen, aber ich sei der Favorit. Schwups gleite ich auf meiner Eitelkeit aus wie auf einer Bananenschale. Das Großhirn, das reduzieren möchte, kapituliert unter dem ängstlichen Stammhirn der Selbständigen. Mein seit 25 Jahren gepflegter Armutswahn hat wieder gnadenlos zugeschlagen.
Ich habe einen sagenhaft guten Lauf gerade. Alles was ich anpacke läuft wie am Schnürchen und bei keinem Termin gehe ich raus, ohne mit neuen Folgeprojektanfragen beglückt zu werden. Das Ego ist drei Meter gewachsen und das Herz pumpt.
„Was soll das?“ rufe ich mich zur Ordnung.
„Nur das noch… und evtl. das auch noch… es läuft grad so gut“ winselt das Ego. Und ich bin machtlos im Kampf gegen mich selbst. Ich könnte deutlich besser reduzieren, wenn der Herzensmann ein workaholic wäre, den ich bremsen muss. Aber er hat seine Lektion gelernt und ich habe noch Gegenteilphase.
skyline
steppenhund - 11. Okt, 22:39

Gratuliere! es-Moll so weitergehen...

momoseven - 12. Okt, 08:13

Solange dabei ein guter Puffer für kommende ruhigere Zeiten rauskommt, ist es ja gut, aber bitte kein Herzinfarkt!

Helene (Gast) - 12. Okt, 17:39

so solls sein;-)

Oh Frau Rosmarin, bloß aufpassen! Lieber Drechseln lernen und Obertöne und dann im Duett. Und richtig: Die Kehrseite der Selbstständigkeit. Aber das wird schon werden.

testsiegerin - 13. Okt, 10:04

ich glaub, ein paar tage Urlaub im November werden dir gut tun!

datja (Gast) - 14. Okt, 22:53

:))) das sehe ich auch so !!!

katiza - 13. Okt, 15:30

Vielleicht sollten Sie die Angst verscheuchen und (öfter) mit dem Herzensmann losziehen, liebe Frau Meertau

Kitty Koma (Gast) - 13. Okt, 21:52

Naja, war mutt, dat mutt.Wir haben ja Gott sei Dank autarkere Fragmente in uns die ggf. die Reißleine ziehen.
(Stellte meine Freundin neulich auch fest, die es mit der Arbeitswut in Haus und Garten übertriebund nun wg. Bandscheibe den Rasenmäher als Rollator benutzt.)

steppenhund - 15. Okt, 01:42

So fühle ich mich auch, allerdings nicht wegen des Rückens sondern wegen des Knies.
Es kommt aber auf das Gleiche hinaus.
punctum - 14. Okt, 18:47

Das "ängstliche Stammhirn der Selbstständigen" ... Ja, das kenn ich gut. Und wenn es schon mal läuft, freut einen das natürlich auch für sich selbst. Und in dem Sinne: Herzlichen Glückwunsch!! Aber wenn Sie - auch für sich selbst - vielleicht doch auch einmal die Erholungskurve kriegen, das wäre bestimmt auch gut. Ich drücke die Daumen, dass das irgendwann guten Gewissens und mit Freude gelingt! (Habe kürzlich während einer langen Autofahrt spaßeshalber Obertonsingen geübt ... Es hat was! Bei mir allerdings nur, wenn niemand zuhören muss :-))

steppenhund - 15. Okt, 01:43

Selbst wenn man angestellt ist, scheint das Stammhirn ähnlich zu arbeiten. Ich habe mich tatsächlich bereit erklärt, einen Auftrag anzunehmen, falls wir ihn bekommen würden.
punctum - 15. Okt, 16:28

Ja, das stimmt natürlich - auch den Angestellten sind weder Engagement noch Existenzängste fremd. Ich drücke jedenfalls die Daumen, dass es mit dem Auftrag klappt!

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