Selbstmörder….

finde ich ehrlich gesagt zum Kotzen. Irgendwie strotzt so was doch von Aggression der Welt gegenüber. Wie kann man denn derart auf sich selbst fixiert sein, dass man es einem Ehemann zumutet, sie an der Wäscheleine auf dem Dachboden zu finden? Dem Vater diesen tödlichen Stich versetzen, indem man dafür sorgt, dass er einen aus der vergasten Garage zieht? Dem frisch verliebten Sohn zu Hause ein Blutbad bereiten? Ich habe das noch nie verstanden. Ich weiß nur, wie wütend ich werde, wenn ich davon höre. Irgendwie fehlt mir das Mitleid, die Betroffenheit, das Verständnis. Klar ist das Leben auch scheiße, schwer, nervig; aber aussichtslos ist es doch sowieso. Sterben müssen wir doch eh. Also kann man doch wenigstens soviel Geduld aufbringen, dass man einfach wartet bis man an der Reihe ist. Ich finde es feige und rücksichtslos. Und wenn es einer gar nicht lassen kann, soll er es doch als Unfall tarnen. Das wäre doch ein nettes Abschiedsgeschenk für die Hinterbliebenen, die dann einfach nur traurig sein müssen und sich nicht auch noch mit Schuldgefühlen beladen müssen. Irgendwie hat es was Strafendes, etwas Aggressives. Herrje…. Ich reg mich halt auf. Und derweil wird hier munter weiter gestorben von Menschen, die eigentlich am Leben hängen. Jetzt wird es Miriam treffen. Die, die immer singt morgens am Main. Die immer pfeift und hüpft, die ihren Mann auch nach 30 Jahren Ehe immer noch toll findet, die die Diplomarbeiten ihrer Kinder liest und die für jeden ein freundliches und aufmunterndes Wort findet. Ich kapiere es einfach nicht. Wochenlang hat sie gejammert und ist mit ihren ganzen Zipperlein zu den Ärzten gelaufen. Wir haben sie ein bisschen aufgezogen und sie auf ihr Alter hingewiesen. Aber nun haben die Doktoren was gefunden. Vieles. Genau gesagt viele viele Metastasen überall in ihrem Körper. Und nun wird geschnitten und vergiftet und der Wettlauf beginnt, den sie sowieso schon verloren hat. Und wenn jetzt noch einer versucht, sich selbst umme Ecke zu bringen, dem spucke ich aufs Grab.
sandhexe - 31. Mai, 00:30

Ja

da fehlen mir auch die Worte. Ich finde Selbstmörder ziemlich feige. Sie gehen und lassen andere mit ihren Problemen zurück.....
Kann man alles mit Krankheit entschuldigen, ich weiss es nicht.

svashtara - 31. Mai, 00:30

Es scheint ein Naturgesetz zu sein,

dass irgendwie immer die zu früh dran sind, die sehr gerne noch weitergelebt hätten. Ich hätte sofort getauscht. Aber das Leben ist nicht fair, es fragt nicht danach, ob man gern noch weitergelebt hätte. Die Menschen sind nicht fair, manche bringen sich um, andere sterben einfach, und das ist auch nicht fair. Das Leben ist ausweglos. Sicher. Für jeden. Und Wut ist immer leichter als Trauer. Aber manchmal braucht es so viel Kraft, da überall durchzusteigen. Und manchmal braucht es auch Kraft, zu beschließen, es eben nicht mehr zu tun.

sandhexe - 31. Mai, 00:33

huch

genau zeitgleich kommentiert ;-)
rosmarin - 31. Mai, 00:40

ich kann keine kraft darin sehen. ich meine irgendwer muss den oder die finden, einsammeln und sich fragen, ob er es hätte verhindern können. ist doch einfach scheisse sowas.
svashtara - 31. Mai, 01:08

Ich kann da nicht

mitgehen, es tut mir leid. Ich weiß nicht, was in einem Menschen vorgehen muss, dass er den größten Drang seines Selbst, nämlich dem Willen zu überleben, nicht mehr spüren kann. Woher kann ich wissen, wie sich jemand in einer solchen, in einer ausweglosen Situation fühlt, woher weiß ich, ob er es sich leicht oder schwer macht, weil er beschließt, zu sterben. Ich weiß es einfach nicht. Was ich weiß, ist, dass es immer einfach ist, zu verurteilen. Und dass diese Urteile in den seltensten Fällen dann auch zutreffend sind.
Es tut mir leid. Aber ich kann einfach nicht zustimmen.
rosmarin (Gast) - 31. Mai, 01:12

in zeiten des für manche unausweichlichen todes, erscheint seine willentliche herbeiführung wie spott, wie eine unglaubliche ignoranz des lebensgeschenks......
und ich verurteile nicht. ich erlaube mir eine ablehnende haltung. feix :-)
NibblesChris - 31. Mai, 10:13

Es gibt da ein sehr schönes Zitat aus einem Buch von S.King, an das ich dann immer denken muss, es aber jetzt nicht Original widergeben kann.

Der Wortlaut ist etwa so:
"Warum passieren den guten Menschen immer so viele schreckliche Sachen? Weil das Leben so ist - es gibt keinen Grund."
rosmarin - 31. Mai, 10:51

eben... es gibt keinen grund.
svashtara hat es neulich im elfenbeinturm sehr fein auf den punkt gebracht: das leben schert sich einen scheiss darum, den menschen zu verstehen. wir hingegen versuchen ständig die welt zu verstehen. völlig unsinnig eigentlich....
und ja.... irgendwie sieht es immer so aus, als träfe es die guten und die die wir lieben.... aber nur die kennen wir ja. wenn in hintertupfingen ein menschenquäler stirbt, kriegen wir's ja nicht mit (weil wir ihn hoffentlich nicht kennen)
MoniqueChantalHuber - 31. Mai, 03:13

ich kenne einerseits die ohnmächtige hilflosigkeit und wut, die einen befällt, wenn sich jemand aus dem bekanntenkreis das leben nehmen will oder tatsächlich nimmt, andererseits denke ich, dass jemand der so weit geht, nicht feig ist, sondern ebenfalls schwer krank.

den krebs kann man diagnostizieren, ertasten, am röntgenbild sichtbar machen, die gemütskrankheit dagegen bleibt unsichtbar. den krebs kann man verteufeln, das ungreifbare allerdings, die für andere nicht nachvollziehbare lebensmüdigkeit, liegt in der persönlichkeit des betreffenden selbst, kein bösartiges gewebe, oft nicht einmal ein wirklich ersichtlicher äußerer faktor, dem man als angehöriger die schuld geben könnte.

bedauerlich ist beides. feig jedoch weder das eine noch das andere.

rosmarin (Gast) - 31. Mai, 08:26

ich hab mir schon gedacht, dass meine zeilen u.U. auch provozieren. immer wenn jemand etwas tut, was meine Mutter z.B. nicht nachvollziehen kann, dann sagt sie "der ist vermutlich nervenkrank"... äh ja... ich habe mich also entschieden, gelegentlich für oder gegen etwas zu sein. und "dagegen" bin ich, gemütskrankheiten zu erfinden, wenn Menschen sich für uns nicht nachvollziehbar verhalten... naja
NibblesChris - 31. Mai, 10:03

Ja, dein Text hat mich betroffen gemacht.

Einerseits, weil ich selber schon mal an dieser Klippe stand und mein Hirn nur noch mit schwarzen Wolken umnebelt war, so dass ich gar nicht mehr sah, wohin ich trat. Dass ich meine Liebsten nicht mehr sah und es mir völlig gleich war, wohin - nur weg von diesem riesengroßen Schmerz.

Eine Echo dieses Schmerzes kommt wieder in mir hoch, wenn ich deine Zeilen lese.

Andereseits, weil ich deine Gedanken nachvollziehen kann. Denn wenn ich einen Menschen lieb habe, dann möchte ich nicht, dass er stirbt. Und wenn ich sehe, dass andere ihr Leben nicht wollen, welches meinem geliebten Menschen nicht vergönnt sein soll, dann hasse ich sie.

Aber man kann nicht ein Leben gegen ein anderes eintauschen und man kann die Menschen auch nicht mehr büßen lassen für den finalen Hilfeschrei, den sie ausstoßen.

Was ich allerdings machen kann, ist mir immer wieder deinen Satz vor Augen zu halten: "Klar ist das Leben auch scheiße, schwer, nervig; aber aussichtslos ist es doch sowieso. Sterben müssen wir doch eh. Also kann man doch wenigstens soviel Geduld aufbringen, dass man einfach wartet bis man an der Reihe ist."

Dafür, danke!

rosmarin - 31. Mai, 10:56

ich glaube, jeder denkende und fühlende mensch steht gelegentlich an solchen klippen herum. das finde ich eigentlich auch ganz gut so, denn es ist ein großes gefühl der freiheit wenn man da steht und darüber nachdenkt ob man das alles nicht beendet. wenn ich an solchen klippen herum stand habe ich immer mit mir selbst eine verabredung getroffen: jetzt schlaf drüber... und wenn du morgen noch dasselbe empfindest...
naja... meine seele ist ein windei und ändert ständig ihre befindlichkeiten. grins und gruß
Luiling - 31. Mai, 10:40

wann bist du ein Mörder - wann ein Selbstmörder?

Werde ich meinem Freund "helfen", seinen Schmerzen ein Ende zu setzen? Wann gebe ich meinem Lieblingshund die "erlösende" Spritze? Wann sage ich selbst: "jetzt ist es gut damit, ich kann und ich will nicht mehr"?

Ich verstehe deine Empörung.

Manchmal stelle ich mir vor, daß sich einer umbringt, weil er es satt hat hier und dann sieht er, daß er eben nicht in dieses schwarze Nichts fällt und auch nicht vor dem großen goldenen Tor steht, sondern irgendwie weiter "da" ist und all seine Gedanken und Gefühle mit sich trägt. Dann feixe ich mir eins und wünsche mir insgeheim, daß es so ähnlich sein möge. ...

Na na, ich kann es nicht ermessen, wie sehr eine Seele leiden kann. Ich habe auch tiefes seelisches Leid erfahren müssen, aber bis jetzt nie an Selbstmord gedacht, weil ich den Verdacht habe, daß damit nicht alles "vorbei" sein würde.

nachtschwester - 31. Mai, 11:23

Ich verstehe ja, was dich aufregt. Wann immer ich selbst vielleicht mit dem Gedanken gespielt habe, tauchte mein kranker, mich liebender Vater vor meinem inneren Auge auf und wischte die vage Möglichkeit eines Vorhabens ganz schnell vom Tisch. Nicht, solange er lebt. Trotzdem glaube ich an Selbstbestimmung, im Leben und im Tod. Wenn alles immer nur beschissen läuft und eine elende Last ist, egal ob psychisch krank oder wegen realer Probleme, wer hat denn das Recht, mir endlose Fortsetzung bis zum natürlichen Tod irgendwann mal zu verordnen? Wenn es eine bewusste und geplante Entscheidung ist, die Angelegenheiten vorher geregelt sind und das Ganze so verantwortlich vonstatten geht, dass die Angehörigen nicht gerade unvermittelt auf eine zerfledderte Leiche stoßen, respektiere ich das.
(Nicht dass hier der Eindruck entsteht, ich sei suizidal, keineswegs! ich denke die Dinge immer nur gern zu Ende)

rosmarin - 31. Mai, 12:44

ja. das thema hat eine zweiteilung.
das eine ist die frage des rechts auf selbstbestimmung. ich wundere mich selbst, aber ich empfinde es als unzulässig (wenn auch verständlich) dem lebensprinzip gegenüber (so wie mord natürlich auch). und die wenigsten der selbstmorde sind rational überlegte und geplante bilanzselbstmorde.
der zweite aspekt ist der, der "passiv-aggressiven inszenierung" das ist die frage.... warum andere unschuldige leut, in die situation gebracht werden, dass plötzlich blut ans zugfenster spritzt, dass kinder im wald ein blaues gesicht im baum finden, dass der vater vor seinem am türknauf erhängten sohn steht. das geht irgendwie gar nicht und treibt mich hoch.
und dann ist der dritte aspekt jener, der mich zum posten bewegte. nämlich die lieben meiner umgebung, die an dieser existenz hängen und trotzdem loslassen müssen.
die_ursula - 31. Mai, 12:58

eigentlich

wollte ich mich nicht einmischen, aber ich denke man sollte nicht einen krebstot mit einem selbstmord vergleichen. beides hat ursachen und schmerzlich fuer die hinterbliebenen ist beides. schuldgefuehle kommen aus dem eigenen schlechten gewissen und sind in den meisten faellen nicht in der absicht des selbstmoerders. wieviel verzweiflung, angst, einsamkeit hinter so einer tat steckt kann niemand nachvollziehen. und wie steht es mit selbst verursachten krankheiten wie lungenkrebs (rauchen) leberzirrhose (saufen) herzerkrankungen (zu fett, keine bewegung)....... sind das geadelte todesursachen nur weil sich diese menschen nicht aufgehaengt, vom hochhaus gestuerzt oder mit tabletten vergiftet haben? und wel man die chance hatte sich von ihnen am ende des leidesweges zu verabschieden? ein selbstmoerder behaelt seine probleme fuer sich, da gibt es kein am bett sitzten und haendchen halten. aber wenn man augen hat zu sehen und ohren hat zu hoeren, sind die zeichen auch sichtbar, aber meist unbequem. leidenswege sind individuell. auf graeber spucken auch :(

juicy (Gast) - 31. Mai, 16:05

ach menno

Das kann doch alles nicht wahr sein!!

Side Affects - 31. Mai, 20:48

schuld.

selbstmörder lasssen in mir immer schuldgefühle zurück. doch etwas versäumt zu haben,doch etwas falsch gemacht zu haben. ich merke immer nach ihrem tod, fast körperlich, wie sehr sie gelitten haben.
früher war ich auch sauer mit ihnen.heute finde ich sie teilweise mutig und ich verstehe ihr entscheidung ,dem leid zu entfliehen, wo es im leben keinen ausweg mehr gab z.b. wenn man voller metastasen ist.
ich plage mich gerade mit dem selbstmord einer frau seelisch herum, die ein mamma-ca hatte, ohne metastasen, der aber irgendwelche schwestern eine horror über die chemo erzählt haben. im nachhinein mußte ich vom gyn erfahren ,dass sie sogar rezeptorpositiv war und man hätte sie lediglich brusterhaltend operieren und mit antiöstrogenen behandeln können.
sie hat sich ertränkt . es tut mir unglaublich weh. denn sie hat mehr gelitten als sie rausließ.
gerade menschen ,die immer funktionieren müssen, denken an selbsttötung ,wenn sie nicht mehr funktionieren.
früher habe ich auch gespuckt- aus abwehr vielleicht.und weil es mir schuld machte-alte erziehungsmuster.
heute reagiere ich nachdenklicher.es macht mir nur noch manchmal schuldgefühle.diese nehme ich dann hin, sie tun nicht mehr so sehr kränken und einen aushebeln.

testsiegerin - 31. Mai, 21:43

zum teil stimme ich dir zu. und diese worte könnten auch von mir sein. mich machen selbstmörder auch wütend, ich finde diesen akt auch ausgesprochen aggressiv und egoistisch.

jetzt kommt das "aber". und das aber hat mit freiheit zu tun. und mit toleranz. ich gestehe jedem die freiheit zu, dass er mit seinem leben schluss macht, wann er möchte. obwohl das ja auch wieder so gar nix mit freiheit zu tun hat, weil ja die meisten selbstmorde in sehr eingeengten situationen passieren und gar keine "freie" entscheidung sind.
eine freundin von mir hat sich vor jahren das leben genommen. und ich hatte keine wut auf sie, da war nur große trauer. darüber, dass wir ihr nicht helfen konnten. darüber, dass sie so depressiv und verzweifelt war, dass sie sich - trotz jahrelanger psychotherapie und medikamenten - zu diesem schritt entschlossen hat.

Side Affects - 31. Mai, 21:59

aber.

du hättest kein "aber" schreiben müssen. genau dieser meinung ,die du da diesbezüglich hast, bin ich auch. manchmal finden menschen eben ausser dem freitod keinen ausweg. gerade bei schwer depressiven, die sich morgens nicht mal mehr die socken anziehen könne, sich nicht mehr waschen und nur von kreisenden gedanken, kognitiven defiziten und zwängen belastet sind, kann ich es nachvollziehen. sie sitzen tagelang auf einem stühlchen und bewegen sich nicht. sie sind wie tot. manchmal ist das für uns gut.ihnen fehlt sogar der antrieb zum suizid, obwohl sie sich nichts mehr wünschen,als tot zu sein.
die modenen ssri`s die bei ihnen eingesetzt werden, helfen oft wunder aber ich habe einen leisen verdacht, dass(wie in usa künstlich publiziert) sie den antrieb oft zuerst vor der stimmung verbessern und manche patienten damit in den selbstmord treiben.
die alten trizykla darf man bei bipolaren depressionen nicht mehr geben,da sie manien induzieren.
ich kenne die qual die ein depressiver hat und ich kenne auch das soziale umfeld, das oft hilflos ist, aber irgendwann wieder leben will und sich dann abwendet. dann ist die gefahr groß dass ein chronisch depressiver sich suizidiert.
schlimm sind auch die wochenbettspsychosen, wo ich schon einige erweiterte suizide gesehen habe(also mit kind).

ein bischen schuld bleibt beim behandler immer, denn wir haben das eben von unsren eltern eingeimpft bekommen-und muster lassen sich nicht einfach wegstreichen.
dafür haben wir ja dann supervision.
Balisto (Gast) - 3. Jun, 18:50

Ob Rosmarin ...

… und andere Kommentarschreiber wohl die hier zitierten Menschen kennen, die für sich ihren Freitod entschieden haben? Ich glaube nicht. Dennoch scheint sie aber zu wissen: „die wenigsten der selbstmorde sind rational überlegte und geplante bilanzselbstmorde“. Sie hat also eine Vorstellung davon, wie lange sich diese Menschen schon vor ihrer finalen Tat gequält, sich bei der Frage nach dem Sinn ihres Lebens mit lebensbejahenden Für’s und angsteinflößenden Wider’s das Hirn zermartert haben. Sie wird wissen, dass sie Hoffnung geschöpft und diese doch leider wieder verloren haben, sie wird wissen, dass sie sich an Erlösung versprechenden Auswegen festgekrallt und sie dennoch anschließend als untauglich verworfen haben. Sie weiß sicherlich auch, dass Suizide diesem martialischem Kampf um Leben und Tod irgendwann haben nicht mehr führen können, als kraftlose Wracks zusammenbrechen und für ihre unerfüllte Sehnsucht Geliebt-zu-werden und Hilfe zu bekommen nur noch diesen einen Ausweg für sich identifizieren können. Ja, diese Menschen lassen ihre Väter verzweifelt am Türknauf zusammenbrechen und muten Reisenden Blutspritzer am Zugfenster zu. Aber nein, es geht nicht darum zu quantifizieren, ob das zum blauen Gesicht führende Leid größer ist, als das Leid, das durch sein Auffinden im Wald verursacht wird. Ich maße mir nicht an, zu wissen, aber ich glaube. Ich glaube fest daran, dass sich viele dieser bedauernswerten Menschen sehr intensiv und verzweifelt mit dem Sinn ihres Lebens beschäftigt haben. Ich glaube, dass die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass diese Menschen sich mit dem Sinn ihres Lebens intensiver und ernsthafter beschäftigt haben, als jemand, der flapsig bemerkt: „Klar ist das Leben auch scheiße, schwer, nervig; aber aussichtslos ist es doch sowieso. Sterben müssen wir doch eh.“ Im Kontext dieses Beitrages kommt mir „ich erlaube mir eine ablehnende haltung. feix :-)“ unerträglich oberflächlich und bar jeden Respekts sowohl vor Menschen als auch vor dem Leben vor. Noch unerträglicher ist die kurzsichtige und zynische Aufforderung an Freitodwählende: … „soll er es doch als Unfall tarnen. Das wäre doch ein nettes Abschiedsgeschenk für die Hinterbliebenen, die dann einfach nur traurig sein müssen und sich nicht auch noch mit Schuldgefühlen beladen müssen.“ Wie abgebrüht muss jemand sein, um einen einem nahe stehenden Menschen darum zu bitten, seinen Freitod als Unfall zu tarnen, um einer eventuellen Auseinandersetzung eigener Schuldgefühlen aus dem Wege zu gehen? Mir kommt das menschenverachtend und krankhaft egoistisch vor. Rosmarin, ich wünsche Dir von Herzen, das Du niemals die Liebe und Hilfe vermissen musst, die ein sehr lieber Mensch, den ich sehr gut kannte, lange Zeit, zulange, vermissen musste. Nur weil er seinen Tod nicht als Unfall getarnt hat, gibt es heute ein paar Menschen mehr, die bei Abstrichen ihrer eigenen Befindlichkeit jetzt nicht mehr so zimperlich sind. Schade, dass der Tod meines Freundes ihn nicht mehr erkennen lassen kann, dass sie menschlicher geworden sind.

Ich bitte Dich abschließend von Deinem hohen Ross zu steigen und Deine Spucke von seinem Grabstein zu wischen. Angenommen Du könntest ihm irgendwann irgendwo einmal begegnen,..

ElsaLaska - 6. Jun, 01:21

es ist das,

was ich bewundere, wenn von der verzweiflung als todsünde gesprochen wird.
für gläubige menschen ist es völlig indiskutabel, so zu verzweifeln, dass sie sich das leben nehmen. (natürlich gibt es ausnahmen).
ich bin nicht gläubig.
also gläubige menschen dürfen sich nicht das leben nehmen, weil sie dann gott verraten. der sie in seiner hand hat und noch einiges mit ihnen vor. und der das blatt immer wenden kann. ich finde das schön.
und obwohl ich nicht wirklich gläubig bin, muss ich sagen, deckt es sich mit meiner erfahrung. ich könnte mich nie umbringen, also nicht wirklich. denn woher sollte ich denn wissen, dass sich das blatt nicht fünf minuten später schon gewendet hat? und wie auch schon anklang , es geschieht ja von selbst, ich muss ja nicht nachhelfen. wir alle sind dem tod ausgeliefert.
und - das stand hier auch in den kommentaren - woher sollte ich denn wissen, dass es danach wirklich besser wird?
womöglich lande ich mit fünf sozialpädagogen in einem hotelzimmer hinter verschlossenen türen, nä oder?
:)

Bermejo (Gast) - 8. Jun, 09:30

der suizid gehört zur menschheit wie jede andere form des sterbens auch
ich würde mich hüten ihn zu verurteilen - jeder suizid hat seinen ganz persönlichen hintergrund

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