Plötzlich und unerwartet....

….
hat Marianne ihren Hannes verlassen. Sie fand, dass sie Freude und Gelassenheit benötigt. Und das kam (vermutlich) so:
Marianne war ja nun mit Hannes 50 Jahre verheiratet. Das waren gute und auch schlechte Zeiten. Das haben sie alles gemeistert. Er damals…. Junger, aufstrebender Architekt, sie damals…. junge, aufstrebende Bürokauffrau, die auf einen starken Mann und ihre Mutterschaft wartete. Sie bekamen einander und zwei wirklich gelungene Kinder.
Hannes war ein Stiesel. Ruppig, wortkarg und ein bisschen…. na er halt.
Marianne hat das immer wunderbar ausgeglichen. Je stieseliger er war, umso charmanter wurde sie. Als die beiden Kinder aus dem Gröbsten heraus waren, wollte sie wieder arbeiten und hat eine Partnervermittlungsagentur gegründet. Damals, in den Zeiten, als es noch kein Internet gab, schaltete sie im Auftrag von…xy… Anzeigen, führte Gespräche und Gespräche, vermittelte Kennenlerntermine und war stolz auf ihre Erfolge. Die Kinder wuchsen und der aufstrebende Architekt hat sich verhoben, ging pleite. Sie mussten ihr Haus verkaufen und Marianne meisterte seine Selbstwertkrise. Sie zogen in eine kleine Eigentumswohnung in ein frankfurter Viertel unter ihrem Niveau und Marianne freute sich über ihre partnersuchenden Kunden. Die Kinder wurden so lustig wie Marianne, Hannes blieb stieselig, rappelte sich auf und übernahm einige große Hausverwaltungen. Sie hatten einen Afghanen, der gern auf der Trapprennbahn hinter dem Güllewagen her rannte, um sich duschen zu lassen. Die Kinder machten Abitur, gingen aus dem Haus und der Afghane starb. Ich lernte Marianne erst Jahre später kennen, als sie mit ihrem Whippet und ich mit dem Möchtegernwindchen am Mainufer entlang liefen. Diess taten wir einige Jahre, besprachen den Liebeskummer der Kinder, ihre ersten Oma-Erlebnisse und ihr baldiges Sterben. Marianne hatte mit 66 einen schlimmen Krebs bekommen, die Ärzte rieten, sich zu verabschieden. Die Kinder schenkten Ratgeberliteratur und wollten ernsthafte Gespräche mit ihr führen. Aber Marianne hat nur gelacht. „weißt Du“…. sagte sie damals zu mir…. „ich habe mich einfach entschieden, dass meine Zeit noch nicht gekommen ist“. Sie lachte fröhlich, selbst mit Perücke. Hannes war in der Zeit ihres Klinikaufenthaltes mit dem Whippet am Main unterwegs. Der Hund grüßte alle seine Kumpels, aber Hannes tat sich schwer und machte sich nicht die Mühe, die zu den Kumpels gehörigen Zweibeiner zu grüßen, latschte einfach weiter und starrte in die Luft. Aus der Eigentumswohnung im falschen Viertel wollten sie beide raus. Marianne überlebte den Krebs und bekam neue Haare, die wilder und schöner waren, als ihre früheren. Stolz lief sie am Flussufer umher, lachend und auf das anvisierte Haus freuend. Der Whippet starb und nun hat Marianne eine neue Entscheidung getroffen. Sie hat Hannes verlassen, wurde innerhalb von neun Monaten geschieden und ist in ein klitzekleines Kaff gezogen, in dem ihr Sohn wohnt und als Lehrer arbeitet. Einmal im Jahr fliegt sie zu ihrer Tochter nach Alaska. Die lebt nun zum zweiten Mal in Alaska. Einmal vor ihrer Hochzeit mit Ariel. Den wiederum hat sie aufgrund seiner Trinkerei verlassen. Ariel starb an kaputter Leber und Mariannes Tochter ging zurück, um seine Hand zu halten bis er starb. Nun ist sie immer noch da und wurde Tierheilpraktikerin. Marianne führt jetzt auf dem Land den Hund ihres Sohnes spazieren. Wie es Hannes, dem Stiesel geht, weiß ich nicht. Aber der Main ist etwas einsamer geworden.
Weberin - 10. Dez, 10:27

wie schön Sie diese Geschichte erzählt haben, von der bewundernswerten Marianne und dem armen zurückgebliebenen Stiesel.

viennacat - 10. Dez, 10:39

Herzlichen Dank, Sie haben mein Herz erwärmt......!

honigsaum - 10. Dez, 13:01

Schade für dich! Aber doch schön für Marianne, der man das neue Leben von Herzen gönnt.
Eine schlimme Eigenschaft der allermeisten Stiesel ist ja leider, dass sie glauben, sie kämen ewig damit durch...

Jossele - 10. Dez, 19:15

Irgendeine Geschichte, und mit einem Mal nahe.
Danke.

punctum - 11. Dez, 00:15

So ging es mir auch.
steppenhund - 10. Dez, 21:11

Aber was ist ein Stiesel?

datja - 11. Dez, 00:47

a deppater depp
steppenhund - 10. Dez, 22:39

Aufgrund meiner derzeitigen Lage kann ich dazu nur einen Witz beisteuern:
Ein 99-jähriger und eine 96-jährige stehen vor dem Scheidungsrichter. "Warum wollt Ihr euch denn ausgerechnet jetzt noch scheiden lassen?" fragt der Richter. "Ach, wir wollten es den Kindern nicht antun. Aber jetzt sind sie alle gestorben."

datja - 11. Dez, 00:55

solche wie marianne brauchts mehr !!! schade dass sie nicht mehr am main flaniert.
die hätt ich gern getroffen wenn ich nächste woche dort bin!

datja - 11. Dez, 00:55

solche wie marianne brauchts mehr !!! schade dass sie nicht mehr am main flaniert.
die hätt ich gern getroffen wenn ich nächste woche dort bin!

besserisses - 26. Dez, 17:32

tolle geschichte...

fast ein wenig wie eine fabel angehaucht!

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