Donnerstag, 25. Dezember 2014

Das Eiland...

...versinkt im Regen. Die Mäuse, die die Dachgeschosse des Erdreichs bewohnen, flüchten aufs Feld und werden vom Hund um die Ecke gebracht.
Glaubte ich nur, was ich sehe, so würde ich das Festland für unmöglich halten.
Auch das gestrig, anlässlich des Festes ausgesprochene Tötungsverbot, hat das Fräulein geflissentlich überhört und ein kapitales Kaninchen geschossen (@Jäger: an der Leine und ich konnte es wirklich nicht verhindern!).
Im beständigen Regen durchlaufen wir die Felder und erblicken, was der Winter her gibt. Die entlaubten Bäume zeigen gelegentlich ein Haus, das im Sommer nicht zu sehen ist, ein Reh, das im Garten des umme-Ecke-Nachbarn gemütlich schläft, nur mal den Kopf hebt, die Hundeleine erkennt und in aller Ruhe das Köpfchen auf den zusammengekringelten Leib zurücksinken lässt.
Wo sonst Mais, blühender Raps und Weizen stehen, sehen wir nun, was hinter allem steht: nackte, schwarze Erde. Sie ruht sich aus und erneuert ihre Fruchtbarkeit.
Die Gänse, die im November noch im Nachbarort herumliefen sind tot, verspeist, ausgeschieden. Asche zu Asche und Staub zu Staub. Auch die Schweine im Schweine-KZ sind halbiert und nur noch das fette Glücksschwein, das irgendwie dem Wahnsinn entkam, schaut durch den Zaun.
Freundinnen schicken mir lustige Kinderfotos und ich hatte das ruhigste Weihnachten seit ich denken kann.
Kein Baum, keine Geschenke, keine Lichterketten. Nur der Blick auf die dunkle Dorfstraße und der Herr Ro amüsiert sich köstlich über die Anderen. Sie hatten so viel Stress in den letzten Wochen: Geschenke kaufen, Bäume fällen, Lichterketten anbringen. Und in wenigen Tagen schon, werden sie wieder Stress haben: Geschenke umtauschen, Lichterketten abräumen, Bäume entsorgen. Wir werden dann auf die dunkle Dorfstraße schauen und dem Wind lauschen. Der manchmal stark genug ist, um tagsüber das Licht anzuknipsen.
In der Zwischenzeit räsonieren wir über den Satz meiner weinviertler Freundin, dass älter werden nichts für Weicheier sei und kurz bevor wir in tiefe Gedanken versinken, macht einer einen blöden Witz. Das ist andernorts guter Flamenco.
Viele Jahre ist es her, das ich jährlich im Mai zum Stierkampf fuhr. Es war damals ein großes Thema für mich und fällt in etwa mit der Zeit zusammen, als ich die ersten Blogs hatte. Dieser Plattform hier war ich nun fast zehn Jahre treu.
Dem Mann bin ich nun auch schon mehr als zwölf Jahre treu. Dabei war Treue nie meine Stärke. Was den Mann angeht, so fällt es mir leicht. Was die Plattform angeht, fällt es mir zunehmend schwer.
Also werde ich vermutlich die Adresse ändern, nicht aber das Schreiben, nicht aber den Mann, eigentlich werde ich fast nichts ändern. Eigentlich eine ganz gute Bilanz…. denke ich, während ich im Schweinestall rauche und meinen Rotwein trinke. Das Leben wird einiges ändern. Nicht nach meinem Geschmack, aber ich ändere erst mal so wenig, wie es das Leben mir vergönnt.

 photo bd24f983-9ed5-44bd-a738-0ddaf15129bc.jpg

wer nichts zu lesen geschenkt bekommen hat....

.....
könnte sich hier noch etwas hübsches runterladen
http://kittykoma.de/

Sonntag, 21. Dezember 2014

ich werde ein bisschen diogena spielen...

in den kommenden mehreren tagen.
...
IMG_2869
...

müde bin ich zu diesem ausklingenden jahr. eigentlich sind dies die meisten, aber ich war meistens nicht müde am ende eines jahres.
es war ein anstrengendes jahr.
volle kalender hatte ich auch vorher schon, aber diesjährig hat es mich zum ersten mal angestrengt. während mann und fräulein hund fröhlich herummäandern und einfach nur leben, bin ich ständig am kofferpacken und abarbeiten von erledigungslisten, bin ich charmant und schlagfertig und nun sagt der körper langsam: stop.
ich will nicht jammern, drum erspare ich diesem refugium hier die details.
ich habe auch brav jedes jahr den jahresrückblick verweigert.
so will ich es auch weiterhin halten.
warum sollte ich von schmerzen schreiben, von sterbenden, vom freund, der sich in die hölle zurück gezogen hat, von meinem streikenden herz?
eben.
viel lieber würde ich schreiben von meiner reise zur freundin und unseren ausufernden lachsalven und nächtlichen gesprächen.
viel lieber würde ich schreiben von so vielen momenten der freundschaft, des glücks auf der insel, vom oberton singenden mann, von herzensmomenten.
aber ich bin müde.
ich komme dem ganzen leben kaum noch hinterher und trage pläne länger schwanger als eine elefantenkuh.
seit drei jahren liegt meine homepage brach, dafür ist der kalender so voll wie nie.
seit über einem jahr überlege ich den blogumzug, dabei komme ich gar nicht mehr zum schreiben.
seit zwei jahren überlegen wir den kompletumzug auf die insel und finden dennoch keine zeit, diesen auch wirklich in angriff zu nehmen.
mit der langsamkeit kommt "ich sollte, wollte, müsste, könnte" und ich muss mir den konjunktiv ganz schnell wieder abgewöhnen.
aber schön wäre es doch, wenn das kommende jahr ein paar angenehme überraschungen bereit hielte. keine ahnung welche.
angenehm soll es werden.
und ich sollte endlich die koffer packen :-)
damit ich schnell auf die insel kann, im tonnenhäusi auf die dorfstrasse starren und löcher in die luft und mit den wellen zwiesprache halten.

Freitag, 21. November 2014

La bella Montez.....

soll die Tänzerin aus Sevilla geheißen haben, die Hein, den Leuchtturmwärter, einst so glücklich gemacht hat.
Genau genommen ist es nur eine Erzählung der Einwohner aus Pudelgarten, die sich aber auch nicht erklären können, woher die dunkelhaarige Schönheit kam und wohin sie eigentlich entschwand.
Fakt ist, oder …. scheint zu sein…., dass Hein eines Tages die Nase voll hatte von seinem Leuchtturm. Tagein tagaus das Stellwerk für die Lampen bedienen, den Schiffsverkehr und das Wetter abhören,
hormontriefende Paare trauen…. Es war ihm einfach zuwider geworden.
Weil Hein noch niemals in seinem Leben von der Insel runter gekommen war, beschloss er dies zu ändern und plünderte sein übermäßig gefülltes Sparbuch. Was hatte er schon gebraucht von seinem kleinen Verdienst, in den letzten zwanzig Jahren? Eben: Nichts. Drum hob er seinen Neffen in den Leuchttrum, wies ihn ein, zeigte ihm den Rumvorrat hinter der Eberesche und kaufte sich ein erster Klasse Ticket nach Paris.
Dumm war nur, dass Hein leider kein französisch sprach und so saß er etwas trüb und mit einem klitzekleinen bisschen Heimweh in einer kleinen Bar am Tivoli. Mangels Sprachkenntnissen hatte er sich keinen Rum bestellen können und also hatte ein mitleidiger Kellner ihm in Glas Rotwein vor die runzelige Nase gestellt.
Als Hein bereits darüber nachdachte, wieder nach Pudelgarten zu fahren und seinen Leuchtturm zu besteigen, da schwang die Tür der kleinen Bar auf, und eine Erscheinung betrat den Raum.
So jedenfalls muss Hein es seinem Nachbarn erzählt haben, damals vor vielen Jahren. „Wie ein spanisches Schneewittchen“ hatte Hein geraunzt, wenn er seinem Nachbarn noch viele Jahre später allabendlich –zumindest im November- von der bella Montez erzählte.
Sprachlos vom Anblick ihrer schwarzen Augen, ihrem roten Mund und der langen, schwarzgelockten Mähne, muss er mit den Fingern nach dem Kellner geschnippt haben. Mit einer ungewohnt großen Geste legte er ihr sein Herz aus Luft zu ihren schmalen Füßen und der Kellner hatte sogleich verstanden, dass Hein alles und zwar wirklich alles zahlen würde.
Was keiner von Heins Nachbarn je verstanden hat ist, wie aus den beiden ein Paar wurde. Sie hatte ein unbändiges Temperament, das man ihrer andalusischen Herkunft zuschrieb. Etwas seltsam war schon, dass sie gelegentlich ein deutsches Wörtchen mit badischem Akzent einflocht und auch das ein oder andere zu verstehen schien. Aber keiner zweifelte je an ihrer Herkunft. Diese Augen – und auch diese Stimme (wie Hein später etwas bedauernd mitteilte) hat es so in Pudelgarten niemals gegeben.
Hein hingegen war ein ruhiges Schaf, la bella Montez nannte ihn gar Borrego – mein Lämmchen – und so gesehen hat das natürlich schief gehen müssen.
Zwei Sommer lang wohnten in Heins Leuchtturm nicht nur die Montez und er. Oh nein. Mit der schönen Montez kam ein kleines Flamencotrüppchen – was allerdings schnell Heins Rum verfiel und nur noch müde krächzte im Winter. Und mit der schönen Montez kamen drei finstere Gesellen, die einige Pudelgartener für Altnazis und andere für Mafiosi hielten. Sie machten die Nacht zum Tage, fuhren LKWs hinein und wieder hinaus und eines Tages verschwand die schöne Montez mit dem letzten LKW.
Hein nahm es äußerlich gelassen, auch wenn er darauf hin alle seine Gänse schlachtete und ihre Federn aus dem obersten Fenster des Leuchtturms warf. Dies war schrecklich für die Gänse aber gut für Hein, denn er hätte sich ja auch selbst aus dem Fenster werfen können.
Wohin die bella Montez entschwand ist leider nicht überliefert. Und auch was aus Hein wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Nur heute noch raunen die Pudelgartener, dass das Bernsteinzimmer in den Tiefen des Leuchtturms versteckt sei.


 photo montez2.jpg

Dienstag, 18. November 2014

Stille breitet sich aus

Meine Jobreisen habe ich für dieses Jahr weitgehend beendet. Ein kleines bisschen noch in den Osten fahren und in den Süden fahren.
Dazwischen entspanne ich auf der Insel und genieße die Stille.
Das Dörfchen ist nur zur Hälfte bewohnt und es findet sich kein einziger Tourist mehr hier.
So ruhig ist es hier, dass mir am Ankunftstag das Ohr pfeift.
Nun, am zweiten Tag, höre ich den Wind pfeiffen. Er ist das einzige Geräusch, neben dem sich kratzenden Hund.
Früh legt sich Schwärze in die Luft und abendlich stehen Rehe im Dunklen, kaum das wir vom mittäglichen Deichgang kommen.
Der kalte Wind treibt uns ins gewärmte Haus.
Ruhe und Kraft tanken.
Ich glaube das kommende Jahr wird so einige Prüfung bereit halten, so manchen Abschied auch ohne unsere Einwilligung, einleiten.

IMG_3995

Freitag, 31. Oktober 2014

werner & wilma

frühmorgends nimmt Wilma sich ein Herz.

Von der Seite sieht sie seine erstaunliche Silhouette und stupst ihn zart an.
„Du, Werner, … ich mag Dich…. sehr“.
So, denkt sie sich, nun ist es also raus. Kaum merklich neigt Werner den Kopf zu ihr. Sie gefällt ihm auch, aber so einfach ist das leider nicht.
„Wilma, ich bin froh, dass Du meine Nachbarin bist, aber mehr geht nicht zwischen uns!“
„Gefalle ich Dir nicht?“ fragt Wilma sichtlich nervös, denn es war schwer genug, überhaupt bis hier her zu kommen. Normalerweise ist Werner tatsächlich ein schweigsamer Nachbar. Er redet eigentlich so gut wie nie und schaut am liebsten schweigend über die Felder. Nichtmal ein kleines Seufzen ist von ihm zu hören, wenn die Oktobersonne den Boden wärmt. Und dennoch findet Wilma ihn unwiderstehlich. Er ist ein großer, starker Kerl, das mag sie. Und seine Ernsthaftigkeit.
„Hör mal Wilma!“ Werner überlegt hin und her, wie er es ihr beibringen soll. „Du bist wirklich eine ganz fesche, appetitliche, süße Kleine!“
„Dann bin ich jetzt mal auf Dein Aber gespannt“ antwortet Wilma enttäuscht und gereizt. Warum sagt er nicht frank und frei, dass er entweder an ihr nicht interessiert ist. Oder vielleicht ist er vollkommen unempfänglich für Gefühle jeder Art?
Verdammt, denkt sich Werner, wieso bringt sie mich so in Verlegenheit… und er setzt erneut an.
„Also Wilma, was soll das Gesäusel. Wir leben hier nebeneinander…Ja. Und Du gefällst mir auch“… verdammt, denkt sich Werner, soweit waren wir schon.
„Ja? Aber?“ fragt Wilma.
„Ja? Aber???“ poltert Werner los. „Was soll das Liebesgedöns, wenn wir doch alle sowieso dem Untergang geweiht sind“
„Dem Untergang geweiht?“ Jetzt ist es Wilma die fassungslos ist und Empörung in sich aufsteigen fühlt. „Dem Untergang geweiht? Jessas Werner, da habe ich dich aber überschätzt. Du meinst, nur weil wir sterblich sind, wie alle auf der Welt, lohnte sich die Liebe nicht? Und weil morgen vielleicht die Welt schon untergeht, lohnte sich die Liebe nicht?“
„Ach Wilma, bist Du blind? Ja siehst Du denn nicht, wo wir leben? Und wohin das alles führt? Unser Sommer hat kaum angefangen, da ist der Winter schon da. Und eh wir es uns versehen, wird man uns die Köpfe abschlagen und dann können wir unsere Liebe in der Hölle von Heins Schmortopf besiegeln!“
Werner war nun richtig sauer und verzweifelt. Zu gern wäre er wild und frei geboren worden, aber das Schicksal hatte es nicht gut mit ihm gemeint. Und mit der schönen Wilma auch nicht. Er hätte heulen können vor Wut, aber das Weinen war ihm noch nie gegeben gewesen.
„Ja“ sagt Wilma leise. „Ich habe auch schon davon gehört. Ich weiß, dass wir nicht frei sind und niemals Nachkommen haben werden. Falls das wirklich alles stimmt. Aber hey….“ zart lehnt sie sich an ihn an….“ist doch egal. Ich mag Dich und bin froh, Dich zu kennen. Auch wenn unsere gemeinsame Zeit begrenzt ist. Sei kein Wirsing Du oller Dickkopp!“
Werner lehnt sich ein kleines bisschen zu ihrer Seite hin. Er findet sie hinreissend und treibt eine kleine Wurzel aus, die er unterirdisch zu ihr rüber schiebt.


 photo wernerampwilma.jpg

Montag, 27. Oktober 2014

Es tanzen....

inmitten von Matsch und Dreck,
die Landpomeranzen,
selbstvergessen und keck:

ungewaschen und ungekämmt,
starren sie Löcher
ganz ungehemmt
in die Lüfte, noch und nöcher.

Deutlich zu sehen
im Acker der Möhrchen
von fünf Rehen
die rotbraunen Öhrchen.

Frühmorgens schaut sich der Fasan
in aller Ruhe und ohne zu rennen,
mit bunten Federn, ganz ein Galan,
suchend um nach seinen Hennen.

Und auch der Eber, heute eine Sau
fühlt sich ganz wohl und deutlich freier,
es ist ihm gar nicht gram und flau
so gänzlich ohne Eier.


 photo eber1.jpg

Samstag, 11. Oktober 2014

Der Herzensmann...

... hat sich seinen neuen alten Bus gepackt und das Fräulein hineingeworfen, nebst hölzernen Blasinstrumenten und alles was man für's Inselleben so braucht, während ich mich tapfer dem drohenden Herzinfarkt entgegen arbeite.
Während er bisher ein Muster ein Inkonsequenz, und ich ein Vorbild an Konsequenz und Klarheit war, haben die Dinge zwischen uns sich vollkommen verdreht.
Der Mann hat dem Mammon und dem Gefragtsein endgültig zugunsten seines Seelenfriedens entsagt. Er lässt sein graues Haar lange lange wachsen, starrt Löcher in die Luft, geht zum Chi Gong (ja er! Er hätte sich früher totgelacht über sowas), zum Didgeridoo spielen, er singt Moritaten und Oberton wie die Mongolen und hat das Drechseln gelernt.
Meine Wenigkeit hingegen steckt in einer Gegenteilphase. Ich tue seit Wochen - und es sind schon viele Wochen - exakt das Gegenteil von dem, was ich mir vorgenommen habe.
Aus dem Schreib-Urlaub im August ist ein Besucher-Urlaub geworden mitsamt abschließender Schaff-Woche zur Sanierung des Bullerbü-Häusis. Ich habe nicht ein Wort geschrieben und nicht ein einziges Wort gelesen.
Aus dem „wir reduzieren uns“ ist ein Arbeitsmarathon für mich geworden, der nunmehr seit sechs Wochen anhält und noch weitere sechs Wochen andauern wird. Heldenhaft habe ich einen Pitch für ein Großprojekt abgesagt und war ganz stolz, dass ich der Verführung widerstanden habe. Hätte sie doch ein in-Frage-ziehen all unserer Pläne für die kommenden Jahre bedeutet.
Allerdings hat nur wenige Tage nach meiner Absage das Großprojekt angerufen und höflich gefragt, ob ich nicht zu einem anderen Termin meine Ideen und Konzepte vorstellen können, man dürfe es ja nicht sagen, aber ich sei der Favorit. Schwups gleite ich auf meiner Eitelkeit aus wie auf einer Bananenschale. Das Großhirn, das reduzieren möchte, kapituliert unter dem ängstlichen Stammhirn der Selbständigen. Mein seit 25 Jahren gepflegter Armutswahn hat wieder gnadenlos zugeschlagen.
Ich habe einen sagenhaft guten Lauf gerade. Alles was ich anpacke läuft wie am Schnürchen und bei keinem Termin gehe ich raus, ohne mit neuen Folgeprojektanfragen beglückt zu werden. Das Ego ist drei Meter gewachsen und das Herz pumpt.
„Was soll das?“ rufe ich mich zur Ordnung.
„Nur das noch… und evtl. das auch noch… es läuft grad so gut“ winselt das Ego. Und ich bin machtlos im Kampf gegen mich selbst. Ich könnte deutlich besser reduzieren, wenn der Herzensmann ein workaholic wäre, den ich bremsen muss. Aber er hat seine Lektion gelernt und ich habe noch Gegenteilphase.
skyline

Freitag, 3. Oktober 2014

Ich zeige Verständnis, ich nehme Rücksicht...

…ist ja auch normal.
Ne ist klar, liebe Nichtraucher.
Ich stelle mich gerne in den Wind und in den Regen vor das Restaurant, anstatt Euch mit Krebs zu infizieren. Dafür bin ich immer gesund und schön abgehärtet. Draußen vor den Türen stehen eh die netteren und lustigen Leute. So als Gesundheitsapostel hat man es ja auch nicht leicht und sollte schön unbequalmt im Warmen sitzen. Nee echt, da habe ich volles Verständnis und nehme gerne Rücksicht.
Die deutsche Bahn hat sich zu Eurem Schutze ja sogar etwas ganz Kreatives einfallen lassen. Drum stelle ich mich auch nur zu gerne in das gelbe Quadrat, das Ihr für uns schändlichen, stinkenden Raucher entworfen habt. Wir sind ja schon froh, dass es nur ein gelbes Quadrat ist, in dem man uns begaffen kann. Immer noch besser, als ein gelber Annäher, gell?
Also da habe ich volles Verständnis für, dass man sogar im Freiluftbereich die Raucherei einquadratieren muss. Ich nehme da gerne Rücksicht.
Und die deutsche Bahn braucht es auch, also mein Verständnis.
Sie bitten mich bei jeder Zugfahrt darum. Als Vielfahrer sagt meine persönliche Bahnstatistik: von 100 Fahrten sind nur 2-3 pünktlich. Das ist eine schlimme Sache für Euch von der Bahn und täglich bittet Ihr also nett um mein Verständnis und vor allem: Ihr bedankt Euch auch dafür. Selbst dann, wenn ich gelegentlich mal mit meinem Verständnis geize.
Im Prinzip habe ich ja Verständnis, weil Ihr von der Bahn auch immer so nette Erklärungen abgebt, weshalb es Euch unmöglich ist, die Fahrpläne einzuhalten, die Ihr selbst geplant habt.
Interessanterweise sind es seltenst die Personenunfälle; für die hätte ich Verständnis, denn Ihr könnt Selbstmörder einfach nicht abhalten. Is klar, echt. So langsam allerdings geht mir mein Verständnis aus für Eure Weichenstörungen, Gleisbauarbeiten, Streckensperrungen, Signalstörungen, verspätete Anschlusszüge undsoweiter undsoweiter… Dennoch werde ich weiter Rücksicht nehmen auf das Nervenkostüm Eurer Ticketkontrolleure und sie nicht beschimpfen, wenn sie mich mitten im Speisewagen beim Essen stören. Nee… is klar.
Ich nehme auch gerne auf Muttis Rücksicht. Ich habe volles Verständnis, dass der Nachwuchs immer und überall mit hin muss. Es wird ja eh viel zu viel geredet und ich muss mich im Restaurant oder im Zug auch nicht unterhalten. Wenn mir der spätere Rentenzahler das Trommelfell zerplärren möchte, überhaupt kein Problem. Ich habe da vollstes Verständnis, was raus muss muss raus.
Schließlich überquere ich auch keine rote Ampel, wenn der Nachwuchs dabei ist. Das viele von Euch das ganz anders sehen und mitsamt dem Kinderwagen über rot flitzen, während ich –ganz Vorbild – dumm stehen bleibe, ach, Schwamm drüber. Ich versteh das. Ihr habt es einfach so saueilig. Und ja… es gibt kein anderes Thema als der Nachwuchs, ich habe da Verständnis für, denn ich rede auch über bestimmte Themen sehr gerne.
Nun gut, ich achte darauf, dass man mir noch mehr als nur mein Lieblingsthema zutraut und nehme auf die Interessen meines Gegenübers gerne Rücksicht. Ich muss ja andere nicht permanent mit nur einem Thema zulabern, aber wenn Ihr das anders seht und nicht mal eine kleine Frage nach dem Befinden Eures Gegenübers übrig habt, kein Problem. Man muss das verstehen.
Auch die Telekom ist Empfänger von Verständnis und Rücksicht. Ist mir vollkommen klar, dass ich Euch einmal im Monat am Telefon habe und Ihr mir irgendwas verkaufen wollt was ich nicht brauche. Ihr müsst ja sehen wo Ihr bleibt, Callcenter-Agents und Aktionäre bezahlen. Da habe ich vollstes Verständnis.
Als ich wegen Umzugs meinen Anschluss komplett kündigte, habt Ihr ein bisschen verlangsamt reagiert. Aber das verstehe ich, denn Kündigungen nimmt keiner gern entgegen (s.o. Aktionäre usw.). Ihr habt es dann doch geschafft. Fast jedenfalls. Was Ihr bis zum heutigen Tag offenbar nicht versteht ist, dass wenn der Anschluss weg ist, dies dann auch für den Mitbenutzeranschluss meiner damaligen Untermieterin gilt. Da bittet Ihr um mein Verständnis, dass Ihr es gerade nicht versteht und verweist darauf, dass mir für 2,37 Euronen im Monat ja immerhin noch die Zusatzmailanschrift zusteht.
Dass ich die nicht brauche und nicht will, könnt Ihr nicht verstehen. Schade. Ich sollte das doch dann auch noch zusätzlich kündigen und Verständnis dafür zeigen, dass Eurer eingeschaltetes Beschwerdemanagement schon mal zwei Wochen zur Bearbeitung meiner Beschwerde benötigt. Ja klar, wegen der Aktionäre müsst Ihr natürlich am Personal sparen. Habe ich vollstes Verständnis und nehme gerne Rücksicht. Ist ja auch verständlich, dass unter diesen Umständen die Qualität Eurer Leistungen deutlich gemindert ist.
Was ich allerdings nicht so recht verstehe ist, dass Ihr mir zwar telefonisch Verträge verkaufen könnt, ich diese aber telefonisch nicht kündigen darf.
Offen gesagt bin ich gerade am überlegen, ob ich Verständnis und Rücksicht nicht deutlich zurückschrauben sollte. Dafür habt Ihr sicher Verständnis. Und vielleicht ist die Erde ja doch eine Scheibe und irgendwer nimmt Rücksicht auf mein erregtes Nervenkostüm.

und überhaupt....

Hunde, sind unsere Verbindung zum Paradies. Mit einem Hund an einem herrlichen Nachmittag an einem Hang zu sitzen kommt dem Garten Eden gleich, wo Nichtstun nicht Langweile war - sondern Frieden. (Milan Kundera)

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

liebe wunderliche feinstrick, gut...
liebe wunderliche feinstrick, gut behütet mögen sie...
rosmarin - 3. Jan, 13:38
Liebe Frau Rosmarin,...
Liebe Frau Rosmarin, das war ja nun schon fast ein...
feinstrick - 1. Jan, 23:45
frau ro, das war ja schon...
frau ro, das war ja schon fast ein rückblick;-) alles...
la-mamma - 1. Jan, 18:30
so.... nu sind wir ja...
so.... nu sind wir ja schon im neuen jahr und haben...
rosmarin - 1. Jan, 17:55
tja...wie schon erwähnt:...
tja...wie schon erwähnt: das leben ist kein kindergeburtstag...
datja (Gast) - 1. Jan, 17:50

Zufallsbild

skyl

mehl

rosmarin punkt ffm at googlemail punkt com

gezwitscher

    Suche

     

    Status

    Online seit 6740 Tagen
    Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09

    Credits