paarweise

Freitag, 7. Januar 2011

Interruptus

„Das wird mein Erstes Mal“…. haucht er lächelnd unter seiner dunklen Stirnlocke hervor.
Ich lächle ermutigend zurück und gebe ihm Antwort auf die Fragen, die ihn bewegen.
Er schaut mich an, schaut wieder weg, seine Hände bewegen sich zaghaft.
Zart fährt er mit der Hand hin und her, seine Finger tippen und drücken.
Voller Vorfreude starre ich auf sein wirklich schönes Teil, dass er in der linken Hand hält.
Ich versuche ruhig zu bleiben, und einen Wonneseufzer zu unterdrücken, meine Ungeduld zu beherrschen.
Im Moment größter Anspannung lässt er die Schultern hängen und schaut entschuldigend…. „oh…. das wird nichts“.
Ich werfe meine zwanzig Lebensjahre Vorsprung in die Waagschale und bemühe mich um Nachsicht…
“das macht gar nichts, ich habe es nicht eilig“, was eine komplette Lüge ist. Meine Erlösung war so nah.
Er strahlt mich an mit seinen schwarzen Augen und seine Hände setzen sich erneut in Bewegung.
Ich zittere, Schauer durchlaufen mich und mein Herz klopft wie damals, als ich vierzehn war.
Ich möchte fest zugreifen weiß aber, dass uns beide dies um Minuten oder gar Stunden zurückwerfen würde.
Stattdessen schaue ich ihn sanft ermutigend an, folge mit meinen Blicken seinen Bewegungen und versuche mich zu zügeln.....

Nach dem dritten missglückten Versuch verlasse ich entnervt den Mediacenter ohne mein heißersehntes neues Iphönchen,
weil dieser blöde Computer einfach nicht wollte. In der ganzen Stadt ausverkauft, nur da nicht. Ich war sooooo nah dran. Mensch!

Donnerstag, 30. Dezember 2010

Paula und Friedrich....

.... genießen seit vielen Jahren ihr zweites Glück.
Genau genommen ist es Paulas zweites Glück, denn Friedrich ist zehn Jahre jünger als sie und für ihn ist sie die erste wirklich große Liebe.
Ihren Sohn hat sie aus der Zeit des ersten Glücks und mit Friedrich hat sie zwei Töchter des Windes.
Sie sind Liebende. Liebende des Lebens und von einander. Sie reisen, sie spazieren, sie lernen chinesische Kräuterkunde in Südfrankreich und nehmen Musikunterricht in Wien. Deshalb u.a. mag ich die beiden so. Weil sie im tiefen Schilda leben und doch jede Sekunde nach France und Vienna flüchten, die sie können.
Nun, da das Jahr dem Ende zugeht, laufen sie vergnügt über die tief verschneiten Wiesen und läuten vorsichtig den Abschied ein.
„Ich bin ein Palliativfall“ sagt sie heute strahlend zu mir, als wir uns treffen. Sie blüht und ist glücklich und spottet, dass jeder meine, sie müsse leiden, aber sie fühle sich ganz wunderbar.
Ihre Krebserkrankung vor einigen Jahren, war nur der Vorbote und ist nun mit voller Wucht zurück.
Innerhalb weniger Wochen hat sie ihre Praxis geschlossen und privatisiert. „Die Leute am Ort glauben wir spinnen“ lacht sie, weil ihre Praxisgefährtin innerhalb von zwei Monaten an Krebs gestorben sei.
„Ist das nicht verrückt?“ blinzelt sie mich ungläubig an. „20 Jahre haben wir gemeinsam praktiziert und innerhalb kürzester Zeit ist die eine tot und wie lange die andere noch lebt ist auch ungewiss“. Sie lacht.
Sie meint, neunzig würde sie wohl nicht werden können, aber vielleicht habe sie noch ein oder zwei gute Jahre. Ich wünsche ihr noch mindestens dreißig gute Jahre und streichle ihren Arm, weil ich ihre Grandezza schon immer gemocht habe.

Montag, 20. Dezember 2010

Heute ist es soweit....

…. und Maja geht zum ersten Mal als erwachsene Frau mit der Großmutter über den Weihnachtsmarkt.
Zuvor hat sie sich lange mit den Freundinnen beraten. Was sollte sie anziehen, geschminkt oder ungeschminkt, mit strengem oder nachsichtigem Blick, mit Vorsicht oder Vorfreude?
Egal. Sie kann sowieso nicht aus ihrer Haut heraus und also zog sie sich warm an, beißt sich auf die Lippen, um das Herzklopfen in den Griff zu kriegen und zieht ungeduldig die Großmutter hinter sich her.
Aus der Ferne winken ihr kichernd die Freundinnen zu, mit Siegeszeichen in den Fingern und Sehnsucht im Blick.
Maja und ihre Großmutter gehen zum Stand des Filzers, der mit einem Gesellen am Stand steht. Der junge Mann legt sich sofort ins Zeug und präsentiert sich und seine Waren. Sanfte Augen, geschickte Hände, ein roter Hut mit Ohrenschützern für das Fräulein, eine Umhängetasche mit Perlen und Rehen darauf, eine Winterdecke in hellblauem Filz mit eingeflochtenem Kaninchenfell und er…mit so braunen Locken….. ach, der schaut ihr tief in ihre grünen Augen.
Die Großmutter lächelt und meint, dass so ein Schafhirte im Sommer wie im Winter fleißig sei und immer etwas mit seinen Händen anzufangen wisse, zudem die Natur und die Tiere liebe und zückt nebenbei ihr Portemonnaie. Maja funkelt sie böse an … „das stinkt wie im Schafstall hier“….und zerrt die Großmutter zum Zuckerwattebäcker. Sie betrachtet ihn genau und entdeckt kleine Äuglein, die wie winzig kleine Punkte aus einem geröteten pausbäckigen Gesicht zu ihr herab blinzeln. Sie seufzt tief… „ohh… so süß“…. und nimmt gerne aus der etwas fleischigen Hand ein Stäbchen mit zitronengelber, duftender Zuckerwatte und sie denkt wehmütig an ihren Vater. Der war auch Zuckerwattebäcker gewesen, bevor er starb. Die Großmutter schimpft. „Nichtsnutze…. Immer nur Süßzeug….. das hält ja keine aus, das ist grausam. Lass Dir nicht die Sinne verwirren mit süßem Zeug, es macht nur fett und träge und dann ist nur die Frage, wie du leben kannst, wenn Du vor lauter Fett kaum noch laufen kannst“ und zerrt Maja weiter zum Glasbläser.
Der Glasbläser ist ein herrlicher junger Mann, der mit nacktem Oberkörper, glänzend vor Schweiß, vor einem offenen Feuer steht und seinen Stab mit den Händen rollt. Seine Bewegungen werden schneller, immer schneller und als sich von seinem Stab ein wallnussgroßer weißer Tropfen zu lösen scheint, schwenkt er ihn nach oben und haucht ihm Leben ein. Maja schaut fasziniert zwischen seinem pumpenden Oberkörper und dem Ende der Stange hin und her. Im Nu verwandelt sich der weiße Tropfen in ein durchscheinendes gläsernes Herz, an dem der Bläser zupft und dreht, dann bläst und pumpt und wieder zupft und dreht. Maja vergisst zu atmen und schwindelnd hält sie sich an der Großmutter fest, während die Dame neben der Großmutter bereits ihr Portemonnaie zückt, um zu Kaufen.
Die Großmutter zerrt Maja zum Bräter. Die vier Hühnen am Grill haben rote Wangen und scherzen miteinander, während sie Rollbraten, Rostbraten, Bratwürste und Pommes jonglieren. Maja verzieht das Gesicht…“Ooooma! Ich esse kein Fleisch. Schon seit Jahren nicht. Ich hasse Tierquälerei und Massentierhaltung… und im übrigen wird mir gleich übel…“
Die Großmutter schaut dem Rostbraten nebst Bräter hinterher und lässt sich von Maja zum Stand mit den Maronen ziehen, wo sie dankend ablehnt, denn die bleiben ihr regelmäßig im Halse stecken. Maja schmeckts. Sie schaut sich um und steuert sogleich den Glühweinstand des Winzers und seiner Mitarbeiter an. „Hmmm lecker“ raunt sie und tröpfelt sich den warmen, süßen Wein über die Lippen auf die Zunge. Die Großmutter schaut betreten und nimmt einen herzhaften Schluck. Rund um den Glühweinstand stehen fast nur Frauen. Die ein oder andere ist schon deutlich aus der Fassung geraten. Es wird zu hoch und zu laut gelacht, die jungen Trinkerinnen glühen und der Winzer schenkt eifrig nach. „Komm Maja“… flüstert die Großmutter. „Die ganzen Weiber aus der Nachbarschaft, besonders die mit den abgelegten Männern, saufen sich jetzt den Winzer schön“
Und so stehen sie ratlos im Trubel des Weihnachtsmarktes und Maja blickt sich traurig um. Ihr ist kalt und sie fragt sich frustriert, wieso dieser Weihnachtsmarkt in ihrer Familie eine solch große Tradition hat. Nun gut, ihr Großvater, der Krippen-Josef, war ein guter Mann gewesen, der immer Zeit für seine Familie hatte und nur in der Weihnachtszeit arbeitete. Ihr Vater, sie verbot sich eine Träne, war Zuckerwattebäcker im Winter gewesen und hatte den Sommer über die Familie an die entlegensten Orte der Welt geführt, um nach einzigartigen Zuckersorten zu suchen. Aber er erlag seinem Zuckerleiden sehr früh und der nächste Griff ihrer Mutter, war buchstäblich ein Griff ins Klo gewesen. Vermutlich hatte sie zu lange beim Winzer Glühwein getrunken, bevor sie den Hüter des Toilettenhäuschens erwarb.
So denkt sie, mit der Großmutter schlendernd, an ihre Freundin Lilli, deren Familie eine herzige Tradition mit der Frühjahrsmesse pflegt.
„Weißt Du…“ sagt die Großmutter… „es geht die Legende, dass man sich früher einen backen musste.“
Die alte Dame kichert, zückt ihren Geldbeutel und hebt die Hand, winkt dem Filzer zu und brüllt mit Blick auf den Gesellen „den nehmen wir!“

Sonntag, 3. Oktober 2010

Hans.... trägt schwarzes Haar und Trauer...

…. obwohl er schon über achtzig ist. Sein schwarzer Bürstenhaarschnitt ist trotz seines Alters ungefärbt und die grauen Haare könnte man an zwei Händen abzählen. Die Momente, in denen er traurig und schwer war, auch.
Sein Leben, das waren bisher Fußball, Arbeit, Ausgehen und Eleonore.
Letztere lernte er bereits als junger Mann kennen. Sie war einige Jahre älter als er und hatte beim homburger Tanztee ihre Freude mit seiner Wildheit auf der Tanzfläche. Es wurde eine Liebelei und Liebe.

Eleonore war heiter, bildhübsch, lebensfroh, anspruchsvoll und heiratete dann aber einen reichen Texaner. Hans hatte das verstanden, denn er war jung und arm und ein kleiner Buchhalter – wenn auch mit dem Herzen eines echten Flamencos.
Während also Eleonore in Texas weilte und einen Sohn gebar, wollte Hans aber keine andere Frau. Jedenfalls nicht nur eine. Nur dem homburger Tanztee treu, beglückte er die Töchter reicher und neureicher Metzger und band sich nicht.
Jahre später floh Eleonore vor dem Texaner mit ihrem Sohn zurück nach Deutschland. Sie traf Hans, liebte ihn und fand einen gut situierten deutschen Unternehmer, mit dem sie eine weitere Ehe einging.

Hans ging zur Arbeit, zum Fußball, zum Tanztee und ins Theater.
Eleonore verließ den gut situierten, deutschen Unternehmer und lief zu Hans. Sie winkte mit dem Zaunpfahl, aber Hans fand, er sei zu arm, um ihren Lebensstil unterhalten und ihre Wünsche befriedigen zu können. Also ging Eleonore zurück zu dem Texaner und heiratete diesen erneut.

Unnötig zu erwähnen, dass sie nach einigen Jahren wieder in der Nähe von Hans aufschlug. Diesmal blieben sie zusammen. Vierzig Jahre lang in zwei Wohnungen, mit zwei Namen und zwei Konten aber einem Herzschlag.
Bis jetzt.
Eleonores Teil seines Herzens hat nun mit neunundachtzig Jahren aufgehört zu schlagen. Hans versucht zum Fussball, ins Theater und zum Tanztee zu gehen.

Freitag, 17. September 2010

Eszther und Alfred….

…. streiten nur noch gelegentlich.
Meistens sitzen sie beieinander und versichern sich ihres Glücks.
Eszther schaut dann um sich und seufzt und freut sich. Sie haben es schön (die Macken sieht sie nicht), sie tätschelt sein Knie und betont, wie gut sie es doch haben.
Früher haben sie oft gestritten. Und heftig. Türen knallten, Tränen flossen, Grundlagen wurden in Frage gestellt. Das allerdings war Eszthers Beitrag, denn Alfred war meist entspannt empört. Es nervte ihn, dass sie nach dem Türeknallen und Blumentopfwerfen, meist reden wollte. Eigentlich wollte sie immer reden, nachdem sie gestritten hatten.
Er fand das überflüssig, denn wenn die Luft wieder rein schien, meinte er, man könne einfach so glücklich seufzend weitermachen wie bisher.
Eszther liebt das Leben. Alfred auch. Jeder auf seine Weise. Sie ist gern glücklich, er ist gern unzufrieden. Drum sitzt sie gern im Garten, während er über den längst fälligen neuen Verputz sinniert.
Nach dem letzten Streit hat Eszther eine neue Entscheidung getroffen: Sie spricht nicht mehr mit ihm. Sie findet es blöd, dass all ihre Ideen keine Umsetzung fanden. Sie seufzt. So viele Verabredungen hat er nicht eingehalten. Sie darf nach wie vor nicht Ausreden, weil er sie sofort unterbricht, um sogleich seine Langspielplatte des Jammerns abzuspielen,
Also hat Eszther eine Entscheidung getroffen: Sie hört ihm zu, aber sie antwortet nicht mehr, außer „ja…. Ahaaa…sooo….. soooo“
Alfred ist bei seiner Entscheidung geblieben. Er ist wer er ist. Also tut er so, wie er immer getan hat: als sei nichts gewesen.
Also sabbelt Alfred Eszther mit seinen Gedanken voll, so als ob nichts wäre. Eszther antwortet wie geplant nicht. nur ein bisschen mit: „jaja…. Soooo…. Ahaaa. Sooo sooo“.
Alfred fragt: „Liebst Du mich noch?“
Eszther weiß, dass ihr „jaja… ahaaa….soosooo“ nun auch nicht weiter hilft und sagt wahrheitsgemäß „ich weiß es nicht“.
Alfred erklärt ihr kurz seine Liebe, erzählt dann weiter vom reparaturbedürftigeh Auto und macht einen Scherz.
Eszther lacht… und weiß, dass sie mit ihrem „soso…. Ahaa…. Ja ja“ nicht weiter kommt…. solange sie über seine Scherze lacht.

Sonntag, 11. Juli 2010

Erika und Manfred.....

sind schon lange ein Paar. Nicht so lange wie die Paare, die nicht mehr unterscheiden können, ob es 27 oder 32 Jahre sind. Aber genau so alt wie diese Paare sind Erika und Manfred schon.
Meistens haben sie sich gut arrangiert, fast so, als seien sie auch schon 27 oder 32 Jahre zusammen. Zumindest Manfred sagt das manchmal. Er meint es zärtlich, wenn er sagt „ich habe das Gefühl, wir sind schon immer zusammen“. Erika ist dann jedes Mal eingeschnappt. Sie kann sich an jeden Tag der 10 Jahre erinnern und empfindet jene, als seien es erst vier.
Manfred ist älter als Erika und gefühlte viele Kilo schwerer gewesen, als sie. Bis er das Joggen anfing. Da wurde er schnell und fit und schlank. Sie hat das gefreut und sie war stolz auf ihn.
Sie pfeift ihm hinterher und krault den abhanden gekommenen Bauch. Erika hat ein gutes Gedächtnis und kann noch immer jedes Gespräch der vergangenen sechs Monate fast wörtlich wieder geben. Manfred hört nicht gerne zu und redet vor allem selbst. Also kann er sich an fast nichts erinnern, außer an das, was er selbst gesagt hat. Dies hält er dann für Abmachungen und ist immer wieder fassungslos, wenn andere dies so nicht empfinden.
Als Erika ihn nach dem Kinobesuch fragt „Taxi oder laufen“…. finden beide, es sei eine gute Idee zu laufen. Die eine Stunde macht im Sommer vielleicht sogar Spaß…. denkt Erika.
Manfred bereitet sich mental auf sein morgiges Lauftraining vor. Er zieht die Schuhe aus und stapft in der heißen Nacht forschen Schrittes los. Erika stapft mit. Sie ist zwar untrainiert, aber jünger.
Sie kommen am Schwimmbad vorbei, an dem Jugendliche Fußball spielen und Mädchen küssen mitten in der Nacht. Und Erika fragt sich, warum sie beide das nicht auch tun. Mitten in der Nacht irgend etwas über die Straße kicken, sich an den Händen halten, Küssen, in die Sterne schauen.
Nach einer halben Stunde dreht Manfred sich um „bin ich zu schnell für Dich?“
Erika verneint maulend. Sie beobachtet bereits seit vielen Minuten den großen Abstand, den das forsche Voranschreiten offenbar benötigt. Sie denkt an früher. An die Zeit, als er sich noch bemühte, ihre Hand zu fischen beim Spazierengehen, als sie nachts im Sommer im Garten schliefen und sich liebten, sie seinen Kopf im Sternenhimmel über sich sah.
Manfred fragt, warum sie so muffig sei, obwohl er heute ihr Auto repariert habe. Erika sagt, dass ihr bekannte Paare durchaus anders gemeinsam nach Hause laufen könnten, als einen sportlichen Wettbewerb zu veranstalten. Manfred versteht nicht. Erika erklärt, Manfred ist beleidigt.
„Wie Günther Netzer“ denkt Erika. „Wegen jedem Scheiß sofort beleidigt. Kein Mädchen würde sich solche Zickereien erlauben“.
Manfred findet wiederum Erika nervig und sagt, dass sie ihn nerve. Erika verstummt für den Rest des Weges und beschließt, ihr Leben neu zu sortieren.

Donnerstag, 5. November 2009

Nardo....

ist ein ganz phantastischer Mann. Zugegeben, nicht so, wie die Damenwelt ihn gerne hätte. Genau darum ist er so ganz phantastisch.
Erst nachdem ich erfuhr, dass Nardo ebenso in Italien aufwuchs und dann doch hier landete, und erst, nachdem ich seinen roten Plüschstier auf die Heizung gesetzt habe, den er mir schenkte, ohne dass er mich kannte …. also erst nach vielem…. lernte ich Nardo kurz kennen.
Er ist der Hohepriester seiner Freiheit.
Ein Mann, der es in sechzig Jahren geschafft hat, jegliche Fortpflanzung und Hochzeit zu vermeiden. Das an sich ist kein Erfolg, schon klar.
Er hat sich entschieden zwischen Keller und Himmel zu leben.
Sitzt er im Keller, so ist er für die Welt absolut unerreichbar. Kein Telefon, kein Türklopfen, kein Fax, kein Anrufbeantworter. Er schaltet sich einfach ab.
Wandelt er durch den Himmel, ist er ein Strahlegesicht, die Erfindung von Charme und Witz und Neugier. Und nein… nicht so wie mancher, der so tut als ob….. er ist es …. (dann)…
Und dann sind die Damen hinter ihm her und begeistert. Und lässt er ihre Begeisterung zu, entdecken sie den Keller. Und spätestens jetzt wollen sie ihn retten. Das ist blöd, denn Nardo erträgt jede Nähe, solang sie nicht zu nah ist und so lang sie nicht mit Forderungen und Wünschen verbunden ist.
Nardo verabschiedet sich jedes Mal für immer. Und taucht dann ganz unvermutet plötzlich mit Geschenken und blitzenden Augen auf. Seine Berufung ist es, der Damenwelt das Glitzern in die Augen zu treiben. Und er genießt den Moment….. bis er bemerkt, dass sie ab nun, hinter ihm her sind. Dann ergreift er die Flucht und wird grantig.
Da er einen einschlägigen Krebs hinter sich gebracht hat und ein weiteres Schalentier überstand, freut er sich über die Freiheit der Impotenz. Aber die macht alles nur noch schlimmer….. die Damenwelt ist hinter ihm her, wie hinter einem ernsthaft zölibatären Priester.
Eine jede, der er nett und freundlich und charmant gegenüber tritt glaubt, ihn bekehren, heilen, umdrehen zu können. Besonders die, die einen normalen Kerl, der furzt und Feinrippunterhemden verschwitzt, der peinliche Witze macht und den Eisprung für so eine Art missglücktes Spiegelei hält, …. also die lieben ihn besonders.
Und das macht ihn wütend. Diese EnddreissigerInnen, die plötzlich skandieren, sie wollten ein Kind von ihm. Die in ihrer überheblichen Eitelkeit sich engelsteufelsgleich über ihn herab senken, zur Heilung der Impotenz und zur Abschaffung seiner selbst gewählten Einzelhaltung. Da versteht er die Welt nicht mehr, denn er sagt ja immer gleich, was er will und was nicht.
Und sie hören nicht hin, sie hören nicht zu, sie glauben nicht, was er sagt.
Drum ist er ein ganz phantastischer Mann, der das Weibliche zu recht so fürchtet und sogleich die UnbelehrbarInnen belehrt darüber, dass es Menschen gibt, die sagen was sie tun und die tun was sie sagen.

Donnerstag, 17. September 2009

Andy...

verbringt sein Leben in einem undurchschaubar überdimensionierten Freudenhaus. Einmal hat er ein Zimmer betreten, dessen Tür ihm eine faszinierende Schönheit öffnete. Sie hatte Augen, die tiefer waren als der schönste Bergsee, den er je sah. In ihrem Zimmer blieb er lang. Erkundete jeden Winkel, jedes Regal und übte in ihrem Bett, was es alles zu üben gab und fütterte liebevoll ihren Vogel. Eines morgens, viele Monate, nachdem er ihr Zimmer betreten hatte, öffnete er die Tür und fand ein wildes Pferd davor. Andy sah sich nach ihr um, sah zum Pferd und spürte dessen warmen Atem, griff ihm in die Mähne und plötzlich klappte die Tür hinter ihm zu. Das Pferd geriet in Panik und galoppierte durch den endlosen Flur des Freudenhauses.
Erst jetzt erkannte Andy, wie lang und verschlungen der Flur war und er ging ein paar Schritte. Unbedingt wollte er das wilde Pferd wieder finden und er nahm einen tiefen Atemzug, als sich plötzlich links vor ihm eine Tür öffnete. Eine Sirene lugte heraus und sang mit leiser Stimme Verlockendes. Gerade wollte er eintreten, als sich rechts weiter vorn eine weitere Tür öffnete. Er sah nur ein Frauenbein, ein wunderschönes Frauenbein und roch einen betörenden Duft, der ihn schwindeln machte. Erst ging er nach rechts, zur Tür mit dem Frauenbein, dann zögerte er und wand sich nach links, wo die Sirene sang. Er blickte nach rechts und hatte die Hand schon am Knauf, er blickte nach links und ging einen Schritt.
Einen Stock höher, hörte er das Pferd wiehern und Andy rannte los. Atemlos nahm er die Stufen des Flurs und landete in einem weiteren Stockwerk, das noch länger schien und noch mehr Türen hatte. Viele standen offen, einige waren geschlossen. Vor jeder geöffneten Tür sah er Phantastisches und wollte eintreten… aber kaum hatte er einen Fuß in das Zimmer gesetzt, dachte er an die nächste Tür, deren anheimelnden Ausschnitt er bereits aus den Augenwinkeln wahrgenommen hatte und so zögerte er. Eine weitere Tür öffnete und er sah gar nichts. Das weckte seine Neugier und er trat näher. Andy sah immer noch nichts und wollte Wissen. Also trat er ein, die Tür klappte hinter ihm zu und er sah…: Nichts. Das ganze Zimmer war voller Nebel und in Panik tastete er sich an den Wänden entlang, bis er endlich die Tür wieder fand und nach Atem ringend in den Flur des Freudenhauses zurücktrat. Er beschloss, daraus zu lernen und nie mehr ein Zimmer zu betreten.
Er hielt nicht lange durch. Als Andy im vierten Stock landete, fand er einen geschwungenen Flur, der nicht gut einsehbar war, aber an dessen Türen verheißungsvolle Texte standen. Eine Tür verhieß die wahre Liebe und er konnte nicht anders, als daran zu klopfen. Die Tür öffnete sich und Andy fand sich vor einem großen Spiegel wieder, der ihn höhnisch verlachte. Eine Etage höher wieherte das Pferd und Andy rannte weiter. Die Treppe führte ihn allerdings in die Kurve und mal nach unten und mal nach oben. Er verlor die Orientierung was ihn jedoch nicht störte denn irgendwo hatte er gehört, dass der Weg das Ziel sei.
Und doch wollte er ankommen. Endlich irgendwo heimisch sein und so betrat er endlich das nächste Stockwerk mit dem nächsten Flur, der viele Verzweigungen hatte. Er rannte hundert Meter nach rechts, und wieder zurück. Vielleicht wäre es in der westlichen Abzweigung viel interessanter und so rannte er dorthin. Türen öffneten sich erneut. Hinter jeder Tür eine Frau, jede so schön. Er ging zur ersten. Sie war bezaubernd und charmant. Und gleich in der Nachbartür stand eine, die war die schönste, die er je gesehen hatte. Und gleich in der nächsten Nachbartür stand eine, die war so weise wie eine Eule und so schön wie die Sünde. Und in der nächsten Tür stand eine, die war zwar hässlich aber ihr Lachen klang wie ein tiefer Orgasmus, der das Universum beschallt. Und gleich gegenüber stand eine Hyäne, die ihm Jagd und Heilung versprach. Zwei Etagen unter ihm wieherte das Pferd und Andy rannte weiter.
Als ihm die Puste ausging öffnete sich erneut eine Tür, in der eine Traurigkeit stand, die seiner Hilfe bedurfte. Er ließ sich an der Türschwelle nieder und spendete ihr Trost. Sie bat ihn herein und er ging zu ihrem Bett, nicht ohne seinen Rucksack in ihrer Tür stehen zu lassen. Er hatte gelernt, dass es gut war, sich einen Rückzug offen zu halten und so tat er es auch, als die Traurigkeit ihn verliebt anlächelte. Er floh vor ihrer liebevollen Umklammerung und stolperte versehentlich in das geöffnete Zimmer der Bäuerin, die nach Milch und Brot roch und auch hier schaffte er es, schnell seinen Rucksack in der geöffneten Tür zu deponieren. Es war ihm längst klar, dass die Milch demnächst sauer werden würde und er Lust auf einen Cocktail in den Armen einer Großstadtschlampe bekäme. Er konnte sich das Betreten eines Zimmers ohne geöffnete Tür einfach nicht mehr leisten. Das hatte er begriffen. Denn es gab noch so unendlich viele Türen zu entdecken.

Sonntag, 13. September 2009

Ein bis zwei Sekunden…

... können ein ganzes Gleichgewicht, über Jahre mühsam installiert, zum Kippen bringen.
Bella und Michael hatten ein ungewöhnliches Gleichgewicht.
Bella ist stark und laut und durchsetzungsstark. Sie liebt an Michael seine Vorsicht, seine Sanftmut und seine ruhige Art.
Gegen seine Selbstzweifel hat sie lange und erfolgreich angekämpft. Als sie ihn fand, war sie zerschunden vom Ehemann, durch den Dreck gezogen und ausgelaugt. Michael war ein Mann, den sie gut ertragen konnte. Er heilte ihre Wunden, war zart mit ihr und liebevoll.
Sie hat es ihm dadurch gedankt, dass sie schnell wieder zu ihrer alten Stärke zurück fand, die Stadt, den Job und ihr Leben wechselte. Dann fing sie an, ihn aufzubauen, seine Selbstzweifel in Angriff zu nehmen und tüchtig zu arbeiten, als er sich entschloss das Abitur nach zu machen.
Als er das Abitur nachholte war er in den Zwanzigern und glücklich.
Er strahlte dafür ihre Hunde, Katzen und Pferde an, weil es sie glücklich machte und begann Physik zu studieren. Sein alter Kindheitstraum, den ihm der Vater aus dem Leib geprügelt hatte wurde wahr: Er würde Physiker werden. Also studierte er, und Bella war tüchtig, versorgte ihn, die Hunde, die Katzen und die Pferde.
Er hat sich seine zarte Sanftmut bewahrt und genoss ihre Stärke, auch wenn diese gelegentlich wie Bevormundung klang. Sie brauchten einander und taten sich gut.
Vielleicht hätte Bella sich wundern sollen, als ihr Job flöten ging und als die Kaffeemaschine ihren Geist aufgab.
Kurz bevor er sein Studium abschloss, saßen sie beim Abendessen.
Es hat schon lange in ihr rumort und so fragt sie ihn einfach.
„Sag mal, liebst Du mich eigentlich noch?“
Er schweigt zwei lange Sekunden und sagt „ich weiß es nicht, ich glaube nicht.“
Es folgten Tränen und Tränen und Schluchzer und dann brach auch der Rest ihrer mühsam stark erarbeiteten Welt zusammen.
Der Herd ging kaputt, der Arbeitsrichter war uneinsichtig, das Pferd starb und ihr Auto auch.
Michael konnte ihre Tränen nicht gut ertragen und fand im Internet eine neue Liebe.
Er ist jetzt stark. Sein Uniabschluss ist geschafft, seine neue Liebe trägt ihn und nur das Geld wird knapp, worum er nun Bella bittet.
Bella ist nun schwach und krank und das nur, weil sie beim Abendessen eine Frage stellte, deren Beantwortung zwei lange Sekunden dauerte.

Sonntag, 6. September 2009

Paarweise...

diese kategorie ... http://rosmarin.twoday.net/topics/paarweise/ ... wollte ich ja schon lange wieder weiter führen.
ich kriege nur die beiden texte, die ich in der pipeline habe, nicht fertig.
bevor mir das stirnfalten macht, fand ich glücklicherweise dies und wünsche euch da draussen einen sonnigen sonntag



via: http://aelteressemester1.twoday.net/

und überhaupt....

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